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#10 Everbody lies

in Past 10.01.2021 14:43
von Natsch • 20 Beiträge | 52 Punkte

EVERYBODY LIES
DIE MENSCHEN GLAUBEN VIEL LEICHTER EINE LÜGE, DIE SIE SCHON HUNDERTMAL GEHÖRT HABEN,
ALS EINE WAHRHEIT, DIE IHNEN VÖLLIG NEU IST.


4. SPRINGSTUNDE VON EASY GOING UND NADINE; KLASSE A
Fluchend stand ich vor meiner Spülmaschine und warf ihr einen finsteren Blick zu. Die fauchte und vibrierte stark, ehe sie mit einem Geräusch das einem schweren Seufzer glich den Geist aufgab. "Ernsthaft? Du bist nicht Mal drei Tage alt!", schnaubte ich und griff nach meinem Handy um meine Helferhotline Nummer Eins anzurufen. Meinen Bruder. Dieser nahm mit ruhiger Stimme ab, schien sich aber zu freuen, dass ich anrief. "Hey - du, ich hab ein Problem! Die Spülmaschine regt sich nicht mehr! Vorher klang sie wie ein sterbendes Tier...", knurrte ich in den Hörer und trat unwirsch gegen die metallerne Klappe, was mir ein schmerzhaftes verziehen des Gesichtes entlockte. "Ja... Sie hat Wasser. Nein. Ja. Ja. Nein.", antwortete ich auf die Fragen die er mir durch den Hörer in stiller Belustigung an den Kopf warf und seufzte schließlich resigniert. "Ja oke, ich warte.", beendete ich dann das Gespräch und legte auf, nur um danach direkt wieder das Handy am Ohr zu haben. Ich rief meine Reitlehrerin an, die ich fragte, ob wir unsere Reitstunde auf den Abend legen könnten, da ich Probleme mit meiner Spülmaschine hatte und auf den Freund meines Bruders warten musste.
Während ich auf besagten Freund wartete, kuschelte ich ein wenig mit Elly und gab ihr kleine Leckereien, nachdem ich sie die Grundkommandos machen ließ. Sie war froh um die Beschäftigung und war auch jetzt schon wesentlich fitter als vor ein paar Tagen. Zufrieden steckte ihr grad den letzten Leckerbissen zu, als es auf einmal klingelte. Misstrauisch lugte Elly an mir vorbei und fing an zu Bellen. "Ich komme!", rief ich dem Menschen hinter der Tür zu, warf Elly einen strengen Blick zu und räusperte einmal laut, damit sie mit dem Bellen aufhörte.
Völlig entspannt ging ich zur Tür und öffnete dem Handwerkerfreund meines Bruders mit einem lockeren Lächeln die Tür, als genau dieses auf meinen Lippen erstarrte. Ohne etwas auf seine Begrüßung zu sagen, ließ ich Ivo rein und musterte ihn einen langen Moment. Wie kam mein Bruder dazu mir ausgerechnet ihn vorbei zu schicken? Innerlich seufzte ich auf, gab mich nach außen hin jedoch gefasst. "Mit dir hab ich nicht wirklich gerechnet.", gab ich ehrlich zu und verschränkte die Arme vor der Brust, einen Blick auf Elly werfend, die den Eindringling vorsichtig beobachtete. Der Blick aus seinen stahlblauen Augen wirkte eindringlich und ich fühlte mich einen Moment lang unwohl. "Wieso? Ich bin der beste für diesen Job.", erklärte er tonlos, unbeeindruckt und kalt. Ich nickte lediglich und deutete mit der Hand in die Richtung der Küche. "Die Spülmaschine ist da.", erklärte ich dazu noch und ließ ihm dann den Vortritt. Es war ein seltsames Gefühl, ihn wiederzusehen. Das mit Ivo war nie richtig ins Rollen gekommen. Irgendwie hatte es da etwas gegeben und genau das stand jetzt zwischen uns. Wir waren Freunde gewesen, auch wenn er der beste Freund meines Bruders war und somit eine Tabu-Zone für mich darstellte. Bis vor dem vorletzten Silvester - da waren wir uns zu nahe gekommen. Er war fünf Jahre älter als ich und meinem Bruder gar nicht so unähnlich. Sie teilten den selben Humor und verbrachten so gut wie jedes Wochenende zusammen. Er war gerade dabei seine eigene Firma aufzubauen, irgendetwas handwerkliches und wollte damit wohl hinter meinem Bruder nachziehen. "Wie läufts bei dir so?", fragte ich nach um die Stille zu überbrücken. Ivo warf mir einen skeptischen Blick über die Schulter zu, ehe er sich wieder abwandte und voll und ganz der defekten Spülmaschine widmete. "Ganz gut. Und bei dir?", ich nickte, obwohl er es nicht sehen konnte. "Auch.", setzte ich nach als ich bemerkte, dass er in seiner Arbeit wieder verharrt hatte.
Kurz überlegte ich ob ich das Gespräch wieder anfangen sollte, entschloss mich jedoch dazu, es sein zu lassen und beobachtete ihn stumm bei seiner Arbeit.
Es schien ein größeres Problem zu sein, da er die Spülmaschine hervorzog und irgendetwas am hinteren Bereich am rummehren war. "Willst du was trinken?", fragte ich schließlich wieder und er nickte. "Ja - irgendwas. Danke", antwortete er angestrengt - ich hoffte von der Arbeit und nicht von meiner Fragerei - und ich tapste auf leisen Sohlen zum Kühlschrank. Ich zog eine Flasche Orangensaft hervor und kippte den Inhalt in zwei Gläser. Eines stellte ich ihm hin, während ich das andere in meiner Hand schwenkte.
Es verging eine halbe Stunde des Schweigens. Er beobachtete ihn bei seiner Arbeit, stützte dabei meinen Ellbogen auf den Küchentisch und stützte meinen Kopf auf der Handfläche ab. Unbemerkt glitt mein Blick immer wieder über Ivo und ich erwischte mich selbst dabei, wie ich an die Silvesternacht zurück dachte die nun schon über ein Jahr lang her war. Kopfschüttelnd richtete ich mich auf und streckte meine steifen Glieder von mir. "Bin fertig.", sagte er und kroch hinter der Spülmaschine hervor und warf mir einen kurzen Blick zu, den ich nicht so recht einzuordnen vermochte. "Danke. Was bekommst du dafür?", fragte ich ihn und griff nach meinem Geldbeutel. Ivo jedoch winkte ab und warf mir das erste Mal seit einer Dreiviertelstunde ein halbes Lächeln zu. "Als ob ich dich dafür bezahlen lasse. Dein Bruder würde mir die Ohren langziehen..", erklärte er lässig und packte seine Sachen ruhig und sichtlich entspannter wieder zusammen. "Oh... Danke.", welch Ausbruch von Kreativität der mich in diesem Moment überfiel. "Kein Problem.", sagte er und richtete sich wieder auf, abermals einen seltsamen Blick auf mich lenkend. "Was ist?", fragte ich und runzelte skeptisch die Stirn. "Ach nichts, hab mich nur an was erinnert.", der plötzliche Schalk der in seine Augen trat ließ mich die Arme verschränken und innerlich meinen Bruder verfluchen. Zugleich merkte ich aber auch, wie mir die Röte ins Gesicht schoss - auch wenn ihr mir seinen plötzlichen Stimmungsschwenker nicht erklären konnte. Porvisorisch blickte ich auf meine Armbanduhr. "Ich muss los.", erklärte ich und er nickte, sich ein Grinsen verkneifend.

Mit Elly an der Leine spazierte ich in Richtung vom Mystery Hof und ärgerte mich im Stillen über diesen Idioten. Nach dem Silvesterabend hatte ich - wie es jedes peinlichberührte Menschenwesen getan hätte - den Kontakt abgebrochen, was er mir aber übel genommen hatte. Wieso wusste ich nicht, hatte aber bisher immer die Vermutung gehabt, dass Ivo sowieso einer der Kerle war, die man nicht länger als eine Nacht bei sich halten konnte. Mein Bruder hatte mir das zumindest immer erklärt und dementsprechend gesagt, dass ich mich von ihm fernhalten sollte. Super. Und dann schickte er ihn zu mir um meine Spülmaschine zu reparieren. Halleluja!
Versucht mir davon jetzt nicht die Laune verderben zu lassen, trat ich durch das große Hoftor und schaute mich - einmal, zweimal entspannt einatmend - um. Es herrschte reger Betrieb und mein Zeitplan war - Gott sei Dank - noch einzuhalten. Elly von der Leine lassend, da ich wusste, dass sie sich bald ihren Lieblingsplatz auf einem der vielen Strohbällen in der Sonne reservieren würde, schaute ich mich suchend nach Julia um. Sie und ich hatten heute vor ein wenig Verladetraining mit Samir zu machen der, zu einem stattlichen 3 Jährigen herangewachsen war. Stolz war ich ja schon ein bisschen, schließlich hatte er sich echt super gemacht!
Grinsend begrüßte ich Julia die Samir bereits von der Weide geholt und geputzt hatte. "Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, dass ich schneller war als du.", lächelte sie und strich dem jungen Hengst sanft über den konkaven Nasenrücken. Er war doch heller geworden als ich gedacht hatte, was mich jedoch in keinstem Fall enttäuschte. Zur Begrüßung streckte mir der junge Hengst vertrauensvoll die zweifarbigen Nüstern entgegen und ließ sich bereitwillig kraulen. "Nein, nicht im geringsten.", lächelte ich Julia zu und nahm von ihr den Strick des Fuchses entgegen. "Der Hänger steht gleich da vorne.. Komm, schauen wir uns an, was er überhaupt zu diesem Monstrum sagt.", sagte Julia dann nachdem wir ein kurzes Gespräch über unser Wohlbefinden geführt hatten. Von Ivo hatte ich noch nicht erzählt, würde es jedoch nach der Übung Mal anreißen. "Na gut, komm Samir.", sagte ich entspannt und ging los, woraufhin der Junghengst artig folgte. Über die vergangene Zeit hatten wir ein starkes Vertrauensverhältnis aufgebaut, was ich stets versuchte zu verstärken. Je nachdem wie er heute reagieren würde, würde es ein weiterer Vertrauensbeweis von beiden Seiten sein. "Bleib ruhig. Atme ruhig und verhalte dich normal. Er vertraut dir, gib ihm keinen Anlass es nicht zu tun.", wies Julia mich ein und ich nickte. "Alles klar.", antwortete ich ruhig und führte den Hengst erst einmal an dem großen Ding vorbei. Er schaute neugierig und schnupperte in die Richtung des großen Hängers, machte jedoch keine Anstalten davor zurück zu schrecken. Zufrieden tätschelte ich dem jungen Hengst den Hals und steckte ihm ein Stück Karotte zu.
Im nächsten Schritt zeigte ich ihm die Verladerampe, ging ohne ihn drauf und zeigte, dass sie ihm nichts tun würde. Samir beobachtete mich dabei gespannt und senkte die Nüstern um an der Rampe zu schnüffeln. "Spannend, nicht?", fragte ich ihn belustigt und kämmte mit meinen Fingern leicht seinen Mähnenkamm. Samir schnaubte leise ab und schüttelte leicht seinen Kopf, als sich eine Fliege dazu erdreistete, dort Platz zu nehmen. "Er scheint sich schon zu langweilen..", bemerkte Julia belustigt und schüttelte dabei leicht den Kopf. "Möglich...", antwortete ich und löste mich wieder von dem dreijährigen und nahm den Strick am Ende wieder in die Hand. "Mal schauen was er zu dem inneren sagt..", fuhr ich fort und drehte mich von meinem Hengst ab und ging mit ruhigen, aber auch selbstbewussten Schritten in das Innere des Hängers. Samir folgte ohne groß zu zögern auf die Rampe, hielt dann jedoch kurz inne und schaute mich an, ehe er sich wieder in Bewegung setzte. "Die viele Bodenarbeit macht sich bezahlt..", raunte ich und strich dem Araber über den konkaven Nasenrücken. Kurz steckte ich ihm noch einen Leckerbissen zu, ehe ich ihn langsam wieder rückwärts richtete. Auf einmal kläffte ein Hund draußen und Samir, dem der Hänger nicht ganz geheuer war, legte die Ohren an und schnorchelte nervös. Verwundert hob ich den Blick. Eine Männerstimme folgte und ein aufjaulen des Hundes. Das schien zuviel für Samir zu sein, der noch nie das ultimativ ruhigste Wesen inne hatte, mir jedoch meistens soweit vertraute, dass er alles mit der nötigen Ruhe anging. Der Fuchshengst riss den Kopf hoch und das weiße trat aus seinen Augen, da das jaulen den Hundes nicht nachließ. Samir begann rückwärts zu stolpern und zog mich mit sich an die frische Luft. Julia sprang gerade noch rechtzeitig zu Seite, schien von dem Szenario abgelenkt zu dem jetzt Vivian und Lisa, sowie auch Bea eilten. "Unglaublich..", fluchte sie leise, ehe sie sich wieder zu mir und Samir umdrehte und ein paar Schritte zurück ging, um dem Hengst nicht zwischen die Hufe zu kommen. "Ruuuuuhig, Junge! Alles easy...", raunte ich ihm zu und hinderte den Fuchs daran sich loszureißen. Die Muskeln unter dem seidigen Fuchsfell, dass in der Sonne leicht kupfern schimmerte, waren zum zerreißen gespannt und Samir begann das sogenannte Kopfschwitzen. "Ich glaube, das wars heute mit Verladetraining..", sagte ich angestrengt zu Julia, während ich den kräftigen Hengst langsam wieder zur Ruhe brachte. "Da muss erst wieder Ruhe rein..", nickte sie. "Sonst richten wir vielleicht einen noch größeren Schaden an..", fuhr sie fort und kam wieder auf uns zu. Samir schnaubte aufgeregt, blieb aber dann einigermaßen ruhig stehen. "Wir lassen da jetzt eine Woche Zeit zwischen, mach noch einmal viel Bodenarbeit und geh Spazieren.", erklärte sie mir und ich nickte. Dann verabschiedete sie sich von mir und ihr führte Samir zurück zu den Stallungen. Dort standen die Mädels im Kreis um einen Mann und schienen mit ihm zu diskutieren. Ich bekam nicht mit worum es ging und führte Samir der sich von Mal zu Mal beruhigte, zu den Putzstellen. Dort band ich den Hengst an und begann seine angespannten Muskeln in kreisenden massierenden Bewegungen zu lösen. Samir entlastete dabei eines seiner hinteren Beine und schnaubte entspannter als zuvor. "Das war eine Aufregung, was?", fragte ich ihn und seufzte leise, ehe ich kurz in die Sattelkammer ging um Samir noch einen Leckerbissen zu holen.
Als ich zurück kam, saß ein herrenloser weißer Hund neben Samir und die beiden beschnüffelten sich aufgeregt und neugierig. Mein Blick glitt aufmerksam über den kleinen Fremdling, der verletzt zu sein schien und eindeutig - warum auch immer - Samir's Nähe suchte. Schritte hinter mir waren zu hören und ein großer Mann mit wutverzerrter Miene kam auf uns zu. "WAS MACHEN SIE DA MIT MEINEM HUND?", brüllte er mir entgegen und die Hündin, wie auch Samir zuckten zusammen. Verwundert betrachtete ich den großen Mann und stemmte meine Arme in meine Hüfte. "Schreien Sie hier Mal nicht so rum. Ich mache gar nichts mit ihrem Hund.", sagte ich mit ruhiger aber bestimmter und zugegeben auch sehr strengen Stimme, während der Hund sich hinter Samir mit eingekniffenen Schwanz versteckte. Bea und der Rest der Mädels folgten dem Geschrei des Mannes, das Samir von Mal zu Mal immer nervöser und aggressiver machte. Sein Gemüt hatte sich noch gar nicht richtig beruhigt, da sah er sich, seine "Mutti" und dann auch noch seine neue Freundin in Gefahr. Der junge Hengst schnorchelte aufgebracht und presste seine feinen Ohren in das dichte Haar seiner Mähne. Ich hatte den jungen Hengst noch nie so aufgebracht gesehen und mit jedem Schritt den der Mann uns näher kam, taxierte er den Kerl ein wenig mehr.
"Ich würde nicht noch Näher ran gehen.", hörte ich Julia von hinten sagen und der Kerl hielt inne, machte auf den Absatz kehrt und ging auf die Mädels wieder zu. Samir entspannte sich langsam wieder und schob mir kurz seine Nüstern zu, ehe er den weißen Hund wieder beschnüffelte. Ich betrachtete mein Pferd nachdenklich, konnte mir das Verhalten nicht wirklich erklären, da Pferde selten so stark in einen Konflikt rein gingen und sich eher davon machten.
"Was ist ihr Problem?", fragte Julia dann den Mann, der sehr aufgebracht vor ihr herumgestikulierte und weiterhin schrie. Das schien einer von Julia's Hunden - Romeo - mitbekommen zu haben, weshalb er auf die Gruppe zugelaufen kam und sich demonstrativ vor seiner Besitzerin aufstellte, das Nackenfell gesträubt und die Lefzen gelegentlich hochziehend. "Mein..", er zögerte kurz wegen Romeo ".. Problem ist, dass dieser Hund, der mich ein Schweinegeld gekostet hat, nicht das macht was er soll. Sie ist eine verdammte Katastrophe und total ungehorsam!", meckerte der Mann weiter und redete sich sichtlich in Rage. "Kein Grund so rumzubrüllen.", fuhr Julia fort die von Bea und Lisa flankiert wurde. "Sie wird so oder so eingeschläfert und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.", fuhr er laut fort und wandte sich wieder der Hündin hinter Samir zu. "Komm her, Abigail. Aber schnell!", keifte er und der Hund zog den Schwanz ein und kauerte dicht gepresst an der Wand. "Abigail!", wiederholte er mit mehr Druck und machte dabei drohende Bewegungen.
In dem Moment hörten wir weitere Schritte und um die Ecke bog ein nur all zu bekanntes Gesicht. Jared. Dieser war nichtsahnend zu Besuch gekommen. "Was ist denn hier los?", fragte er etwas überrascht und zugleich mit einer Autorität in der Stimme, wie ich sie noch nie gehört hatte. Der Fremde zuckte zusammen und schaute dann wütend, aber auch ertappt zu Jared. "Misch dich da nicht ein!", keifte er nach der ersten Unsicherheit und baute sich vor Jared auf. Es gab ein kurzes hin und her, von beiden Seiten und irgendwann gab der Fremde dann auf. "Gut, behalten Sie sie doch! Sie werden es genauso bereuen wie ich!", nörgelte der große Mann zwischen zusammengebissenen Zähnen, zückte irgendwelche Papiere und warf sie auf den Boden. Ich hob sie auf..

Alle zusammen saßen wir in dem Reiterstübchen und plauderten über das, was eben passiert war und wie für manch anderen der restliche Tag verlaufen würde. Die weiße Hündin, sie hieß Abigail - doch ich hatte mich schnell auf Abby geeinigt - lag in einem Körbchen auf der anderen Seite des Raumes und wirkte noch ziemlich eingeschüchtert. Romeo kam gelegentlich zu ihr und beschnüffelte sie, doch wirklich animieren mit ihm raus zu gehen, konnte er sie nicht.
"Das war ein Drama...", seufzte ich und lehnte mich leicht zurück, alle anderen nickten. AL schüttelte fassungslos den Kopf. "Der Mann hatte sie doch nicht mehr alle... den Hund einschläfern lassen, weil er nicht so funktioniert wie er es gerne hätte.", und alle stimmten zu.
Jared unterhielt sich später mit AL über ihr neues Pferd Zamiras Rockin' Gangsta, dem er besonders viel Potential zusprach, als ich mich verabschiedete. "Ich mach Mal Easy fertig. Wir sehen uns später?", fragte ich Jared und er nickte. "Ich warte hier auf dich.", erklärte er mir mit einem Lächeln auf den Lippen, ehe ich mich umdrehte und auf den Weg zum Fuchswallach machte.

Nachdem ich Easy geputzt und gesattelt hatte, traf ich mich mit meiner Reitlehrerin in der Halle. Sie hatte bereits die Hindernisse aufgebaut und schaute mir mit einem Lächeln entgegen. "Und? Wie gehts deiner Spülmaschine?", fragte sie und setzte sich auf einen Stuhl an der Bande. "Wieder gut, hat mich sogar gar nichts gekostet.", meinte ich belustigt und stieg auf den großen Fuchswallach auf. "Hast du ein Glück!", seufzte sie theatralisch und ließ mir Zeit für meine Aufwärmübungen. Nach zwei entspannten Schrittrunden, begann ich, Easy im Schritt zu arbeiten. Wir gingen verschiedene Seitengänge und ritten oft kleine Volten und Schlangenlinien zwischen den Hindernissen. Nach 15 Minuten begann ich mit der Trabarbeit, ritt im Arbeitstrab große geborgene Linien, machte häufige Handwechsel und ließ ihn von meinem Schenkel weichen, oder übertreten. Bald schon begann der Wallach den Rücken leicht zu schwingen und ich ging in den Galopp über. Ich aktivierte seine Hinterhand indem ich ihn die Sprünge verlängern ließ. "Das klappt echt schon sehr gut mit euch.", lobte mich meine Reitlehrerin und nickte. "Fangen wir wieder mit ein paar Aufwärmsprüngen an.", fuhr sie fort und deutete auf den hinteren Teil der Halle, wo sie zwei kleine Steilsprünge aufgebaut hatte. "Nimm bitte beide und geh dann auf den Zirkel. Ich möchte, dass du sie jede zweite Zirkelrunde nimmst und bau gelegentlich einen Seitenwechsel ein.", erklärte sie weiter und ich steuerte den großen Fuchs auf den ersten Steilsprung zu, der von Easy's Rücken aus, einfach nur winzig aussah. Mit einer deutlichen Routine, setzte er zum Sprung an und segelte ohne zu berühren darüber. Zwei Galoppsprünge später, nochmal dasselbe Spiel mit dem etwas höheren Steilsprung. In der nächsten Grunde ließ ich die Sprünge aus, ließ ihn wieder ein wenig seine Sprünge verlängern, bevor ich ihn wieder sanft versammelte und die beiden Sprünge wieder ansteuerte. "Geb noch ein ganz kleines bisschen mehr vor, dann hast du die Haltung wieder drin.", warf meine Reitlehrerin zwischendurch ein und ich tat was sie sagte. "Okay, das ist gut. Jetzt parierst du in den Trab durch wenn du die beiden Sprünge hinter dir hast, gehst auf den Zirkel und machst dann einen Handwechsel, galoppierst wieder an und machst das ganze dann anders herum.", fuhr sie fort und ich nickte. Nach den beiden Sprüngen parierte ich Easy zu Trab durch, ritt ihn auf den Zirkel und machte dann einen Handwechsel, galoppierte ihn auf den Punkt genau wieder auf dem Hufschlag an und wir sprangen über die beiden kleinen Hindernisse. Das wiederholten wir dreimal, bis sich meine Reitlehrerin wieder zu Wort meldet. "Gut, gut. Pariere ihn Mal durch und mach eine kurze Schrittpause..", sagte sie dann und wieder nickte ich lächelnd, Easy ein wenig mehr Zügel gebend. Heute war es das erste, was wirklich reibungslos über die Bühne lief und mir war nicht bewusst, wie sehr ich ein kleines Erfolgserlebnis benötigt hatte. Kurz strich ich dem Fuchs über den muskulösen Hals, fast schon ein wenig dankbar. "Also gut, ich habe dir jetzt verschiedene Hindernisse aufgebaut. Darunter auch einen Hoch-Weit-Sprung der den Höchstanforderungen entspricht. Ohne die beiden dahinten, sind es genau vier Sprünge. Eine Kombination mit den Mindestanforderungen, einen Oxer mit 1,10 Höhe und 1,30 Breite und einen Steilsprung mit 1,05 Meter Höhe. Die kleineren Hindernisse sind E-Hindernisse, die sich zum gymnastizieren sehr gut eignen.", erklärte sie mir dann die Hindernisse und ich nickte. "Wir machen uns erst an den Hochsprung. Dann könnt ihr euch schon mal an die Höhe gewöhnen und den Schwung. Also dann...", sie klatschte in die Hände und ich galoppierte Easy aus dem Schritt heraus an. "Denk dran, gerade darauf zu, lass ihn über dem Sprung atmen und gib ihm Zügel.", erinnerte sie mich, während ich Easy an der langen Seite entlang galoppierte.
Ich ritt gerade auf das Hindernis zu und ging in den leichten Sitz als Easy darüber sprang. "Mehr Zügel.", ermahnte man mich und ich nickte, galoppierte in einem gemütlichen Tempo abermals die lange Seite und ritt wieder auf das Hindernis zu. Wieder sehr gerade und dieses Mal gab ich Easy deutlich mehr Zügel. "Besser, das sah sehr gut aus!", hörte ich von der anderen Seite und nickte zufrieden und mit einem Lächeln auf den Lippen. Wir wiederholten den Sprung vier Mal von beiden Seiten, ehe ich Easy wieder in den Trab holte und Volten und Schlangenlinien einbaute. "Jetzt den Oxer. Ich habe bei Easy gemerkt, dass er sich sehr gut selbst das Tempo heraus nehmen kann. Das ist gut und macht ein gutes Springpferd aus. Leider stimmen dadurch manchmal nicht mehr die nötigen Galoppsprünge aus. Versuche, ihn ein bisschen mehr zu regulieren.", erzählte sie dann weiter und wieder nickte ich. "Nachdem du von C abgebogen bist, sind es genau vier Galoppsprünge, zwei kurze, zwei lange. Versuche sie einzuhalten. Sonst reißt Easy oder er muss viel zu weit Springen, weil er zu früh abspringt.", fuhr sie fort und ich galoppierte den Wallach wieder an. Nachdem ich bei C abbog, drängte es Easy nach vorne, doch ich hielt ihn zwei Sprünge zurück, ehe ich ihm mehr Zügel gab. Die Galoppsprünge wurden größer und mächtiger und der unerwartete Schwung beim Absprung katapultierte mich ein wenig aus dem Sattel. Bei der Landung klapperte eine Stange leicht und mein Blick glitt kurz über meine Schulter, immerhin lag sie noch. "Okay. Das war nicht schlecht, versuch dich ein bisschen mehr auf seinen Schwung einzulassen. Du hast ihn ganz schön verwirrt.", kommentierte sie ruhig und ich lenkte Easy wieder auf die Mittellinie.
Es dauerte drei Versuche bis wir den Sprung wirklich sehr gut hinbekamen und ich auf die starke Galoppade klar kam, die Easy kurz vor dem großen Hindernis an den Tag legte. Wir übten dann kleine Kombinationen aus dem Steil und dem Hoch und Weit Sprung. Danach machten wir wieder eine kleine Schrittpause mit kleinen Übungen und währenddessen erzählte mit meine Reitlehrerin von ihrer großen Pause, die ebenfalls mit dem Verlust des Pferdes zutun hatte. Wir schmunzelten dabei leicht und vergaßen darüber hinaus die Zeit.
"Ach weißt du und dann...", meine Reitlehrerin hielt Inne und schaute auf die Uhr. "Ach du Schande!", mein Blick folgte ebenfalls zur Uhr und ich verdrehte leicht die Augen. "Da haben wir wohl die Zeit vergessen...", nickte ich und grinste schwach. "Kein Problem, wir machen dann später weiter, ich räum auch die Hindernisse weg. Ich kenn deinen strikten Zeitplan ja...", beruhigte ich die ältere Frau, die eilig nickte. "Danke! Du hast was gut bei mir!", sagte sie, packte ihre Jacke und eilte davon. Easy, den ich nun fast 20 Minuten im Schritt geritten bin, schien zu merken, dass die Arbeit gleich beendet war und ich ließ ihn die Zügel aus meiner Hand kauen. "Ach Easy... heute keinen kleinen Parkour gesprungen, aber ich denke, das holen wir dann beim nächsten Mal nach!", grinste ich und klopfte dem braven Fuchs den breiten Hals.

Nachdem ich den guten Easy versorgt und in seinen Stall gebracht hatte, machte ich mich daran, die Stangen und Hindernisse wieder abzubauen. AL kam mir zu Hilfe. "Deine Reitlehrerin hatte es wohl eilig?", fragte sie belustigt als sie sah, wie ich die schweren Stangen von A nach B trug. "Wir haben uns verquatscht. War aber trotzdem sehr effektiv heute..", lächelte ich und rüttelte etwas ratlos an einen der sechs Ständer rum. "Komm, ich helf' dir. Die Dinger sind sauschwer!", bot sie mir an und packte an der anderen Seite an. Zusammen trugen wir die Hindernisse dann dort hin, wo sie hingehörten. Wie schaffte es meine Reitlehrerin nur, das alles in so kurzer Zeit so schnell aufzubauen? War sie der Hulk? Nach 10 Minuten wischte ich mir mit dem Handrücken über die Stirn. "Puh!", kam es über meine Lippen und ich drückte den Rücken kurz durch. "Du sagst es - Puh!", 'stimmte' AL mir zu und zusammen verließen wir die Halle um zu den anderen ins Reiterstübchen zu kommen. "Ist Jared noch da?", fragte ich AL auf dem Weg und sie nickte. "Es ist bewundernswert, wie viel Jared über die einzelnen Zuchtlinien der Westernpferde weiß. Er konnte mir die Linie meines Pferdes fast komplett aufsagen.", antwortete sie und ich musste leise lachen. "Ja.. das ist echt schon enorm. Aber er hat - soweit ich weiß - auch eine eigene kleine Zucht. Denke da ist es ganz praktisch über die Linien bescheid zu wissen.", setzte ich dann wieder an und sie grinste, während sie mir die Tür aufhielt. "Fast wie ein Gentleman...", kommentierte ich amüsiert und betrat den warmen Raum. Jared saß Antonia und Julia gegenüber und sie unterhielten sich - vermutete ich Mal schwer - über's Westernreiten. Bea, Lisa, Sandra und Vivi steckten die Köpfe zusammen und der Rest war wohl immer noch irgendwo auf dem Hof unterwegs. AL und ich setzten uns auf die beiden freien Plätze zwischen den beiden Grüppchen und schauten erwartungsvoll in die Runde. "Wir sind wohl zu cool um eingebunden zu werden...", raunte ich AL zu, die theatralisch nickend zustimmte. "Glaub auch... pft!"
Viele ließen den Tag noch einmal Revue passieren und ich musste an den Stress denken, den ich heute gehabt hatte. Aber auch an die seltsame Begegnung mit Ivo, worüber ich am liebsten ein paar Worte an die Mädels verloren hätte, doch da Jared da war, traute ich mich nicht so recht - wie würde das auch schon ankommen? Also behielt ich es lieber für mich und nahm mir vor, es demnächst nochmal anzusprechen. "Wo ist eigentlich Elly?", fragte ich in die Runde und Bea nickte in Richtung der Hundeecke. "Hat sich wohl schon mit Abby angefreundet...", erklärte sie und mein Blick glitt zu den beiden Hundedamen, die sich den Korb teilten. Na immerhin das ging gut soweit. "Also dann, ich denke ich pack's dann langsam. Bis morgen!", verabschiedete ich mich von den Mädels und die zwinkerten mir zu als sich kurz darauf auch schon Jared erhob und mir folgte, nicht ohne den Damen noch einmal zuzulächeln.

Jared war so freundlich mich nach Hause zu fahren. Elly und Abby waren zusammen im Kofferraum und gaben keinen Ton von sich. Wahrscheinlich war der Tag genauso aufregend wie anstrengend für beide gewesen. Schließlich wusste ich, das Elly den ganzen Tag auf dem Hof unterwegs gewesen war und die meiste Zeit mit Julia's Rudel verbracht hatte. "Worüber denkst du nach?", fragte Jared mich und schaute zu mir herüber. Ich verzog leicht die Lippen und hob die Schultern. "War irgendwie stressig heute.", antwortete ich ausweichend und schaute kurz in seine blauen Augen, er wirkte besorgt. Ich konnte mir jedoch nicht erklären wieso. "Wie geht es dir? Machst du jetzt öfters so Spontanbesuche?", fragte ich dann meinerseits und konnte nicht verbergen, dass es mich freuen würde, wenn er öfters Mal vorbei schauen würde. "Alles bestens. Leah ist bei ihren Großeltern mütterlicherseits zu besuch.. und ich armer alter Mann wusste nicht wohin mit meiner Zeit...", erklärte er und ich hob nickend meinen Blick aus dem Fenster. "Ich bin also nur ein Lückefüller - Da hab ich nur fast Mitleid!", antwortete ich in einem belustigten Unterton und schaute wieder in seine Richtung. "Danke auch..", antwortete er amüsiert und parkte vor meiner Haustüre. Die Lichter im Flur waren noch an und bei einem meiner Nachbarn war wohl gerade eine Geburtstagsfeier im Gange. Kaum merklich verzog ich das Gesicht, lehnte meinen Kopf leicht gegen die Rückenlehne und sammelte mich. "Sieht so aus, als hättest du Fullhouse...", neckte mich mein Fahrer und ich seufzte theatralisch. "Scheint so.. Möchtest du mit hoch kommen?", fragte ich nach, doch Jared schüttelte den Kopf, einen schwer zu deutenden Ausdruck in den Augen. "Ich bring dich aber noch zur Tür, nicht, dass dir was passiert.", wieder nickte ich auf seine Worte hin, fast schon ein bisschen eingeschnappt, dass er nicht mit hoch wollte. Sauerei.
Zusammen mit den Hunden ging ich auf die Haustüre zu und zückte schon Mal meinen Schlüssel. Vielleicht war ich auch ein wenig trotzig und zu energisch beim Suchen des Schlüssels, doch das war mir egal. Jared schien das zu amüsieren - schön für ihn! Ich wusste nicht Mal, wieso es mich so kratzte, dass er meine Einladung einfach so, vom Tisch gefegt hatte. Es sollte mir egal sein. War es auch. Nein, war es nicht. "Gute Nacht.", sagte ich so ruhig wie möglich und bevor es zu irgendeinem peinlichen Moment kommen würde, griff ich nach der Klinke der Haustüre und schob den Schlüssel in das Loch. Elly und Abby standen zusammen hinter uns und warteten darauf, dass die Tür aufging.
Ohne, dass ich groß reagieren konnte griff Jared meinen Arm und löste mich mit einer sanften Gewalt aus meiner 'Aufschließstarre' zog mich in seine breiten Arme und keinen Atemzug später spürte ich seine Lippen auf meinen. Ich spürte die feinen Stoppeln seines drei Tagebartes, seinen warmen Atem auf meiner Haut und seine großen Hände die sich auf meine Taille legten um mich noch näher an ihn zu ziehen. Ein leichtes Beben ging durch meinen Körper, gefolgt von einer feinen Gänsehaut in meinem Nacken, als ich den Kuss erwiderte.
Ich hätte ewig so stehen bleiben können, doch Jared löste sich von mir und zwinkerte mir leicht zu. Mein Herz schlug für einige Takte schneller, machte Purzelbäume und ich erhoffte mir, dass er vielleicht doch noch mit hoch kam. "Gute Nacht!", fast schon so etwas wie Schalk lag in seinen Augen als er kehrt machte und zu seinem Pick-Up schlenderte. "Gibts denn sowas...", murmelte ich pikiert und wandte mich wieder der Tür zu.

SCHICKSAL
Im Haus konnte ich dann endlich das Grinsen rauslassen, dass mir schon direkt nach dem Kuss auf den Lippen gelegen, ich aber unterdrückt hatte. Zusammen mit den Hunden betrat ich die Wohnung. Elly begab sich direkt in die Richtung ihres Napfes, während Abby da stand wie bestellt und nicht abgeholt. "Hm, Mädchen?", fragte ich und kniete mich zu ihr. Doch die weiße Hündin schaute mich nur an, ehe sie in geduckter Haltung Elly folgte. "Das wird dauern...", raunte ich und stand wieder auf, streckte mich und beschloss erstmal unter die Dusche zu springen.
Danach kramte ich nach einer großen Decke, faltete sie zwei Mal und legte sie neben das kleine Körbchen von Elly. Schließlich wollte ich nicht, das Abby auf dem blanken Boden liegen musste. Dann ließ ich die Hunde erst einmal Hunde sein. Elly zeigte der größeren Hündin deutlich wem was gehörte und Abby schien das - für den Moment - zu akzeptieren.
Geschafft und Müde legte ich mich ins Bett und stellte meinen Wecker, als Elly an meine Bettseite kam und mich mit schiefliegendem Kopf ansah. "Damit fangen wir nicht an!", sagte ich nebenbei, ehe Elly eine Pfote auf mein Bett legte. "Nein!", sagte ich bestimmt und Elly zog die Pfote wieder zurück. "Du hast dein Bett..", ich deutete auf den Korb und schickte die kleine Hündin nach einer Streicheleinheit weg.
Man... war das ein Tag!

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