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[ARI/WINTER] #4 Iron Horse 2017

in Leonie 02.07.2017 01:09
von Leonie • 146 Beiträge | 236 Punkte

Ein Teil der Winterschen Belegschaft machte sich Anfang Juni auf den Weg zum Eventzentrum Zahr, um sich den Prüfungen zum "Iron Horse 2017" zu unterziehen. Auf dem Programm standen drei Tage voller Prüfungen, die unterschiedliche Anforderungen an Pferd und Reiter stellten: Von Dauerläufen über Freistilschwimmen bis zur Distanzritten bei Nacht stellten sich die Reiterpaare einer Herausforderung nach der anderen - eine schöne Auszeit in mitten einer hektischen Turniersaison.
Von den Bereitern der Winters fuhren Rudolf Gruber mit seinem Bloody, Lorenz Sagmeister mit Wallach Lumberjack, Iven Preiß mit seinem Gershwin und Finn Malloye mit Stute Feadail Comhaile zum Event. Neben den Berufsreitern machten sich mit Norah McCrae und ihrem Cormac Rónain und dem jüngsten Starter Connor Huntington natürlich auf Murdock auch zwei Privatreiter von Winter auf den Weg.
Diesem Trupp schlossen sich Ariadna Martel mit Wallach Zlatan und Liam O´Grady mit dem Winterschen Spross Anraí vom Gut van Steuben an. Was gibt das? Pures Chaos, viel Stichelei und mich endlich nochmal eine Motivation zu schreiben, denn der folgende Text ging an einem Abend mit viel Spaß von der Hand, deswegen wollte ich das auch nochmal teilen. Einen herzlichen Dank an Vicki für die Ausschreibung, du hast mir damit wirklich nochmal einen Grund zum Schreiben gegeben <3



In welchem Universum konnte es eine gute Idee sein, sich drei Tage in den verschiedensten Prüfungen bis zur Erschöpfung zu treiben und das alles auch noch mit dem Vierbeiner gemeinsam? Ein tiefer Seufzer entfuhr der Dunkelhaarigen, triefend vor Reue, dass sie sich überhaupt dazu hatte breit schlagen lassen. Das Kopfkissen über ihren Augen verdeckte zwar einen Großteil des Tageslichts und dennoch war sie sich absolut sicher, dass vom Fußende ihres Bettes vorwurfsvoll-neckende Blicke auf sie geworfen wurden.
Und ein nasser Waschlappen. Mit einem unverkennbaren „Platsch!“ landete das Tuch auf ihrem Bauch und es dauerte lange zwei Sekunden, bis sie quietschend reagierte und das Mittel der Attacke zu ihrem Ursprung zurückschleuderte – der stand grinsend noch immer am anderen Ende des Bettes, doch sie hätte schwören können, dass sich in dieses unverschämte Grinsen nun auch noch Triumph geschlichen hatte.
„Argh! Du bist unmöglich!“, folgte sogleich die Schimpftirade, auf die Iven nur mit den Achsel zuckend reagierte.
„Das höre ich nicht zum ersten und ziemlich sicher nicht zum letzten Mal“, erwiderte er trocken, aber noch immer mit diesem Hauch von Spott in der Stimme, den Norah sonst so schätzte, wenn nicht gerade sie selbst das Ziel darstellte.
„Nun komm schon, Faulpelz. Wir sind sicher zu spät“, versuchte Iven nun ehrlich sie aufzumuntern und reichte ihr seine Hand. Norah, zwar schon vollständig angezogen aber dann von einer unaufhaltbaren Welle des Motivationsverlustes ergriffen, lag ausgestreckt auf dem Bett und betrachtete Ivens entgegen gereckte Hand für einen Moment, vermutlich ihre Fluchtmöglichkeiten erwägend. Schließlich seufzte sie noch einmal herzzerreißend und griff nach seiner Hand.
„Geht doch, ich hätte dich sonst auch runter getragen“, murmelte Iven schmunzelnd.
„Und das sagst du jetzt erst?“


„Hat irgendjemand die Startreihenfolge zur Hand?“ Viel Chaos, Gemurmel und doch keine wirkliche Antwort. „Halloooho? Irgendjemand?“
„Hier“, grummelte es aus einer der zeitweise bezogenen Boxen. „Wenn du dann endlich Ruhe gibst.“
Lorenz griff nach dem hingehaltenen Papier, das so zerknüllt nur von Rudi kommen konnte. „Wie schaffst du es eigentlich, alles innerhalb kürzester Zeit so zu zerstören?“
„Ruhe geben. Das war der Deal, ja?“, grummelte der Springreiter missgelaunt zurück und widmete sich weiter dem zappeligen Fuchs neben sich. „Bloody, das gilt übrigens auch für dich. Ich dachte, im Alter wird man ruhiger und nicht noch schlimmer als vorher.“
„Das haben wir von dir auch immer gedacht“, mischte sich eine neue Stimme ein. Die Köpfe wandten sich um, teils verwirrt, teils mit strahlenden Gesichtern.
„Ach, sieh an, wer sich zu uns gesellt!“, plauderte Lorenz gut gelaunt drauf los und begrüßte den Neuankömmling mit einer Umarmung. „Hey Ari. Warum seid ihr gestern nicht schon angekommen?“
„Ob du es glaubst oder nicht, manche von uns arbeiten für ihr Geld“, teilte Ariadna munter weiter aus. „Hallo Lorenz. Hallo Rudi, oder muss ich in Deckung bleiben?“
Sie lachte. Ein ansteckendes, herzliches Lachen von der Sorte, in die man gerne einfällt. So konnte sich nicht mal Rudi wehren, der einen Schritt aus der Box heraus trat und die deutlich kleinere Ariadna in eine herzliche Umarmung fasste.
„Dich würde ich doch nie anbrummen“, murmelte er und lächelte leicht.
„Sie nicht? SIE NICHT?“, polterte Lorenz drauf los. „Hört, hört! Da wüsste ich mal gerne, warum sie nicht und uns jeden Tag!“
„Euch muss ich ja jeden Tag sehen…“, erwiderte Rudi schelmisch grinsend und verzog sich wieder zurück in die Box in der sein Hengst schon ungeduldig mit den Hufen scharrte. „Außerdem ist Ari unverkennbar viel hübscher als ihr.“
Eine Wurzelbürste flog durch die Luft und verhedderte sich in dem Halfterwulst, das an der Zwischenwand hing. „Das sagst du nicht nochmal zu mir!“

Ungeduldiges Hufe scharren paarte sich mit den angeregten und ausgelassenen Gesprächen der Reiter, zwischendurch lachte jemand hell auf oder schimpfte kurz mit einem der nervöseren Vertreter auf vier Hufen. Oder zwei Beinen. Am Startpunkt drängte sich jedenfalls munteres Reitervolk und auch im Tross der Winters hatte sich die Stimmung zu aller Freude etwas gebessert: Die Katerstimmung einer kurzen Nacht gefolgt von einem frühen Morgen hatte sich zu einer vorfreudigen bis erwartungsvollen Stimmung gemausert. Ari schmunzelte, hatte sie ihre Freunde doch ausgelassen immer noch am liebsten – und zum Glück mittlerweile ziemlich gut heraus, wie sie den Wintertross genau in diese Stimmung bringen konnte. Nun stand einem lustigen ersten Tag des Iron Horse Wettbewerbs eigentlich nicht wirklich was im Wege und alle warteten nur noch auf die letzten Nachzügler und schließlich ihren eigenen Start in die erste Disziplin des Tages: Ein drei Kilometer langer Lauf mit dem Vierbeiner an der Hand. Ari war gespannt wie ihr Partner das machen würde, kannte der Schwarzbrauner zwar allerhand Veranstaltungen aber normalerweise mit ihr im Sattel und nicht an der Seite.
„Bin ich zu spät?“, kam es etwas außer Atem von weiter hinten aus der Menge. Die Köpfe der Winterschen Starter wandten sich neugierig um, wer sich da zu ihnen gesellte, doch in den meisten Blicken spiegelte sich Verwirrung bis Unkenntnis.
„Noch nicht, aber es war knapp“, löste Ari schließlich das Rätsel und winkte den hochgewachsenen Neuankömmling zu sich. Er führte einen gut gebauten dunklen Wallach an der Hand, der den Winterschen Reiter doch ziemlich bekannt vorkam.
„Hey, das ist doch Anraí!“, entfuhr es schließlich Rudi als erstem, der dem Wallach am nächsten stand und nun von einer neugierigen Pferdenase begrüßt wurde.
„Das kann ich nicht leugnen“, lachte der „Unbekannte“. „Wo sind meine Manieren? Hallo zusammen, ich bin Liam. Der nicht mehr ganz so neue Besitzer von Anraí und Stallnachbar von Ari.“ Liam fuhr sich etwas verlegen lächelnd durch die kurzen braunen Haare und konnte sich gerade so davon abhalten, kindlich in die Runde zu winken.

Es dauerte noch eine Weile, in der sich die Reiter ein wenig unterhalten und bekannt machen konnten, bevor es schließlich für den ersten aus der ungleichen Runde ernst wurde. Nach und nach starteten die Reiter auf die Laufstrecke. Für Lorenz ging es dank des lexikographisch höchsten Buchstaben als letztes los, was sein brauner Partner auf vier Beinen gar nicht mit Gefallen sah. Lumberjack quiekte wie ein junges Pferd und wollte los spurten, sobald Lorenz sich in ein joggendes Tempo fallen ließ, verstand allerdings nicht so wirklich, warum sein Reiter dann nicht auch hinterher kam. Ein ständiges Stop-And-Go ließ die beiden ordentlich Zeit direkt zum Anfang verlieren, doch nach den ersten paar Hundert Metern hatte auch der Braune das System verstanden und die beiden begannen die Aufholjagd.
Zur Sicherheit der Reiter waren sie nacheinander gestartet, weil ein so großes Feld voller Pferde wohl in purem Chaos geendet wäre. So war es nun schon ein recht eindeutiges Zeichen, wenn man einen der Reiter vor sich einholte. Rudi machte mit seinen großen Schritten nach und nach immer mehr Meter auf seinen Vordermann gut, der im Gegensatz zu ihm und Bloody ordentlich zu kämpfen hatte. Immer wieder schienen die beiden anzuhalten und neu zu starten – eher im Sprint als in einem Tempo, das man auch wirklich auf mehrere Kilometer durchhalten konnte. Drei Kilometer waren für Rudi jetzt nicht die größte Herausforderung, doch er war durchaus dankbar, dass er so oder so schon mal des morgens die Laufschuhe schnürte, sodass ihm diese Strecke nun auch mit Pferd an der Hand recht leicht von der Hand … oder den Füßen? ging.
Dass das keine Selbstverständlichkeit war, hielt ihm das Pärchen vor ihm deutlich vor Augen. Das sah mehr nach Kampf des Rappen gegen seine ihn eigentlich führende Reiterin aus … moment! In Rudis Augen blitzte die Erkenntnis auf.
„Norah! Kommst du klar?“, rief er der Stallkameradin zu, als er in Hörweite gekommen war.
Die Dunkelhaarige wandte sich zu ihm um, die Wangen hoch gerötet und den prustenden Wallach Cormac an der Hand, der von einer Seite zur anderen tänzelte, nur um bei diesem tollen Spiel mit seiner Reiterin direkt wieder los zu preschen, wenn sie in ein Lauftempo fiel.
„Ja…“, keuchte Norah nun zurück und ihr Blick strafte sie lügen. „Nein. Aber ich schaff das.“
Rudi zögerte einen Moment und betrachtete die junge Frau aufmerksam. Sie sah müde aus und irgendwas schien ihr weh zu tun, aber ob das ein physischer Schmerz oder ihr verletztes Ego war, da war er sich nicht sicher. Eines ließ jedoch keine Unsicherheit zu: Ihr Blick war zielstrebig wie eh und je, Hilfe wollte sie ganz sicher keine. Er nickte ihr kurz zu und setzte seinen Lauf fort. Wenn Norah eines hasste, dann war es Mitleid und das konnte er mehr als gut verstehen.

„Ich hätte dich fast noch eingeholt!“, lachte Liam ausgelassen im Ziel, auch wenn ihm die Schweißperlen an den Schläfen herunter rannen.
Iven zuckte mit den Schultern. „Fast!“
„Hört wie sie tönen, Platz 16 und 17…“, lachte Rudi in die Richtung der bei jungen Männer.
„Jajaja, wir wissen, dass du schneller warst. Aber … sogar Connor war schneller als du.“
„Was soll das denn heißen? ‚Sogar?‘“, fragte nun der jüngste in der so ungleichen Runde empört zurück. Connor hatte mit seinem Murdock an der Hand einen erfolgreichen dritten Platz eingefahren und den „alten Männern“ damit definitiv gezeigt, wo der Hammer hängt.
„Ich finde, ihr solltet alle mal ganz schön die Füße still halten“, mischte sich nun auch Ari ein, die mit einer Flasche Wasser lässig neben ihrem Wallach Zlatan stand und nicht aussah, als hätte sie sich bei ihrem Sieg überhaupt angestrengt.
„Du hast ja auch geschummelt!“, sprang Rudi sogleich auf die hingehaltene Schippe auf.
„Ich hab was?“, lachte Ari ausgelassen.
„Naja, alle anderen von uns haben ihre Pferde tatsächlich festgehalten. Und du? Was sind denn das für Zustände, wenn du dein Pferd frei laufen lässt?!“
„Hase, das nennt man ‚gut erzogenes Pferd‘, willst du unser Lieblingsthema wirklich wieder aufgreifen, während Bloody gerade auf Jacks Strick herum kaut?“, Ari deutete auf das ungleiche Paar der zwei Springpferde.
„Dass du immer wieder darauf zurück kommen musst, finde ich ja schon sehr gemein“, fand Rudi und zog seinem Fuchs den Strick aus dem Maul. Dass eines der beiden Pferde von dem jeweils anderen immer als „unerzogen“ betitelt wurde hatte fast schon Tradition: So hatten sich Ari und Rudi schließlich vor nun auch schon mehreren Jahren kennen gelernt. Leider, und das musste Rudi zugeben, zog er in Sachen „Erziehung“ meist eher den Kürzeren.

„Das war eine gute Runde!“, lobte Norah den jungen Connor, der zufrieden lächelte und nickte.
„Danke!“, er strich Murdock liebevoll über den Mähnenkamm. „Manchmal ist es praktisch, dass wir etwas kürzer sind.“
Norah nickte bestätigend. „Das ist auf jeden Fall nie schlecht. Ich glaube, Iven wünschte sich gerade auch, Gersh sei etwas kürzer.“
Connor wandte sich neugierig um, nur um zu sehen, wie Iven mit seinem sonst so zuverlässigen Schimmel den halben Geschicklichkeitsparcours abräumte. „Huch!“, lachte er – mit einem Hauch von Mitleid, aber auch mit etwas Spott.
Am Ende schaffte es tatsächlich nur Ari mit ihrem eigentlich Parcours erprobten Zlatan noch mehr Verwüstung zu stiften, weil der Wallach so ungefähr alles tat, aber nicht darauf achtete, was seine Reiterin ihm mitzuteilen versuchte.
„Wohlerzogen, hm?“, schmunzelte Rudi als die Dunkelhaarige zurück zu der Gruppe stieß.
„Sei bloß still!“, drohte Ari, konnte trotz der Enttäuschung jedoch ein Lachen nicht unterdrücken. Verdient hatte sie sich den Spott ja irgendwie mit ihrer großen Klappe.
„Liam, was war denn bei euch los?“, wandte sich Rudi nun an den jungen Mann, der etwas verloren neben Finn stand, dem heute wohl nicht nach vielen Worten war.
„Wir wollten mal testen, ob das Flatterband schmeckt. Tut es offenbar“, erwiderte er und zupfte seinem neugierig dreinblickenden Wallach ein letztes Stück des Übeltäters aus der Trense. Anraí schaute, als hätte er alles richtig gemacht. Junge Pferde waren was tolles, wenn sie dich nicht gerade in den Wahnsinn trieben, dachte Rudi schmunzelnd.

„Ich hätte nicht so viel essen sollen“, quengelte Norah und hielt sich den Bauch. Sie saß schon wieder im Sattel und war – bis auf ihre Essensmisere – schon bereit für den dritten und letzten Teil des ersten Tages. Ihrem lackschwarzen Cormac schien es da nicht anders zu gehen, nach den anstrengenden ersten Prüfungen hatte er sich wohl den Pferdebauch auch ordentlich voll gehauen.
„Nun jammer nicht so, aber ernsthaft: Wie schafft ein Persönchen wie du immer solche Portionen? Du lässt uns ja fast nichts übrig“, erwiderte Finn.
„Echt so! ich hab nur noch ein Würstchen bekommen“, stimmte Connor in das Essensgejammere ein.
„Ja, nach deinen vier Steaks“, lachte Rudi und schüttelte den Kopf über den unverkennbar großen Hunger von heranwachsenden. Connor hatte mindestens genau so viel verdrückt wie Norah und war danach immer noch vor Hunger durch die aufgereihten Grills gezogen, auf der Suche nach weiteren Leckereien.
„Im Gegensatz zu dir muss ich ja auch noch wachsen“, konterte der Halbstarke.
„Ja. In die Breite“, erwiderte Rudi und spannte lachend seine Muskeln an. Spiel, Satz und Sieg.

„Okay, scheinbar finden wir nachts reiten noch schlimm gruselig“, fasste Liam seinen Ritt mit dem jungen Anraí zusammen, als sie nach den acht gerittenen Kilometern den Tag beendeten und ihre vierbeinigen Schützlinge sorgsam „zu Bett“ brachten.
Ari lehnte entspannt an der Boxentür von Anraí und lächelte milde. „Das kommt noch. Wir gehen einfach öfters abends mit ihm raus, wenn wir wieder zuhause sind. Das kannte er einfach noch nicht mit so vielen Pferden um ihn herum.“
Anraí wandte seine hübsch gezeichnete Nase zu Ari und ließ sich von ihr dösend liebkosen. Ein Tag wie heute konnte auch für ein gestandenes Turnierpferd seines jungen Alters Herausforderungen stellen, die er so noch nicht kannte – und genau deswegen waren sie ja hier.
„Alles mit Ruhe“, schloss Liam.
„Alles mit Ruhe. Und Gemütlichkeit“, lachte Ari und zog den jungen Reiter aus der Box, um gerade letzteren Teil endlich anzugehen. Die anderen warteten sicher schon, dass sie sich dazu gesellten.

Es herrschte eine ausgelassene Stimmung an dem Tisch in der Gaststätte, an dem sich tatsächlich die komplette Winter-Steuben-Connection eingefunden hatte. Connor hatte sich ein wenig abseits platziert und genoss die Rolle des Zuhörers, müde von einem für ihn sehr zufriedenstellenden Tag. Lediglich mit dem Nachtritt hatte er noch nicht ganz abgeschlossen, weil er sich einmal verritten hatte und dadurch einige Plätze einbüßen musste. Aber mit ungebrochenem Ehrgeiz wollte er das morgen besser machen und hielt sich so heute eher zurück. Die Rolle des Beobachters stand ihm derzeit eh ganz gut, fand er zumindest, schließlich saßen hier Menschen zusammen, die alle in irgendeiner Weise genau wussten was sie taten und trotzdem so unterschiedlich waren, wie es nur ging.
Da gab es die Berufsreiter, die Springmachos Iven, Lorenz, Rudi und Finn, die gar nicht so schlimm waren wie ihre teils großen Klappen. Ich hab ganz schön viel von ihnen gelernt, dachte Connor und meinte damit die unzähligen Trainingseinheiten, die gerade Iven und Rudi mit ihm eingelegt hatten. Iven war auch immer mit Rat und Tat dabei, wenn es um seinen neuen Schützling Nobby ging, mit dem er die höheren Klassen erobern wollte, die er seinem kleinen Murdock nicht antun wollte. Neben den ausgelassenen bis schweigsam-ausgelassenen Springreitern saß Liam, den er noch nicht so richtig einschätzen konnte.
Er hatte erzählt, dass er als Sportjournalist arbeitet und deswegen die meiste Zeit in ganz Vesland unterwegs ist. Connor und er waren schnell in eine Diskussion rund um die verschiedensten Sportarten vertieft gewesen, übte sich der fünfzehnjährige doch nebenher auch immer noch auf dem Fußballplatz und in letzter Zeit immer mal wieder bei Iven im Boxclub. „Das ist gut für dein Temperament“ hatte Iven ihm mal gesagt und er war sich nicht ganz sicher, ob er damit mehr sich selbst oder tatsächlich Connor meinte. So oder so mochte er die Anstrengung und die absolute Disziplin, die es forderte, und ließ sich immer mal wieder von Iven bis zur Erschöpfung bringen.
Connor ließ den Blick weiter über die eigenartige Konstellation schweifen. Am anderen Tischende saßen schließlich Norah und Ariadna zusammen, die sich ähnlicher und doch irgendwie konträrer kaum sein konnten. Ähnlich, weil die beiden definitiv charismatische und charakterstarke Frauen waren und unterschiedlich, weil ihr Wesen so verschieden war: Ariadna als die ruhige, immer mal wieder austeilende verbale Sparringpartnerin von Rudi und häufiger nun auch Lorenz und dem Rest der Truppe, während Norah die etwas geschicktere Rednerin war und ihre Seitenhiebe gut tarnen konnte. Connor schmunzelte, er konnte es weder Iven verdenken, dass er nie so ganz über Norah hinweg gekommen war, noch konnte er sich vorstellen, dass Rudi und Ari sich nicht schon mal näher gekommen waren. Dafür war das einfach alles viel zu …
„Connor?“
Er schrak hoch.
„Träumst du?“, lachte ihm nun Lorenz entgegen, der seinen Blick in Richtung der beiden jungen Frauen wohl bemerkt hatte.
„Was? Nein. Ich hab mir nur gerade meine Taktiken für morgen zurecht gelegt“, konterte er ruhig und mit einem verlegenen Lächeln.
„Soso, das wird dir aber auch nichts helfen.“

Tat es doch. Die erste Prüfung des zweiten Tages brachte die Teilnehmer im Winterschen oder Steuben’schen Dress schon fast kollektiv an ihre Grenzen: Scheinbar sind Reiter vielleicht gute Läufer, aber deswegen noch lange keine guten Schwimmer. Connor hatte sich mit dem größten Nachdruck in die kleinen Wellen des eiskalten Sees gestürzt, während sich der Rest der Truppe nicht nur mit den Temperaturen sehr schwer tat. Lorenz wäre wohl am liebsten direkt wieder hinaus gerannt, der nahm das mit dem „Freistil“-schwimmen etwas zu wörtlich, denn das was er da an Technik zeigte, war weder aus irgendeinem Lehrbuch noch in irgendeiner Weise zielführend. Ein planschender Hund wäre wohl schneller vorangekommen und so wunderte es fast nicht, dass Iven „Raucherlunge“ Preiß sogar noch vor Lorenz landete. Die einzige aus der Gruppe, die es schaffte noch langsamer zu sein als der Sagmeister Zwilling war schließlich Norah, die die Runde nicht beenden konnte.
„Gib es zu, Norah, du wolltest dich nur von dem heißen Rettungsschwimmer retten lassen! Ganz Baywatch-mäßig“, platzte es auch Rudi heraus, der sich noch vor Iven geschwommen hatte. Er erntete Lacher aus der Runde und eine leicht errötende Norah.
„Ey! Gar nicht wahr! Ich hatte wirklich einen Krampf!“, verteidigte sie sich halbherzig und kam nicht umhin zuzugeben, dass man von weniger netten Männern gerettet werden konnte. „Aber das hängt mir ewig nach, das war einer der Rettungssanitäter aus Almstedt.“
„Ach, du kanntest den sogar?“, stichelte nun auch Connor drauf los, der sich vorher mit seinem dritten Platz schon herzlich über das Spektakel hinter ihm amüsiert hatte. Einzig Liam war ein besserer Schwimmer aus seinem Team gewesen und das rückte ihn im Ansehen des sportbegeisterten Connor noch weiter nach oben.
„Jaaa…“, gab Norah zu und nun war der rote Schein auf ihren Wangen wirklich unverkennbar. Sie warf einen unsicheren Blick zu Iven, der sich einer Zigarette gewidmet hatte und bemüht ausdruckslos drein blickte.
„Aber das ist totaler Blödsinn, was du da wieder erzählst, Rudi!“, schob sie noch nach und spielte etwas verlegen mit ihren Haaren. „Und überhaupt, Lorenz hat sich auch retten lassen!“
„Ja. Aber von dem weiß ich, dass er bisher noch nicht das Beuteschema männlicher Rettungsschwimmer hatte.“
„Ach mann, ey!“ Norah gab auf.

Sie verbrachten den Mittag geschlossen auf dem Hofgelände auf einer der Wiesen bei einem Picknick. Träge lagen sie in der Mittagssonne herum und entspannten vor dem zweiten Teil der Prüfungen an diesem Tag. Connor und Liam hatten sich wieder in eine Diskussion über Fußball vertieft und tüftelten scheinbar gerade an Strategien um einen lokalen Zweitligisten vor der drohenden Insolvenz zu retten.
Iven hatte den Kopf auf seine Jacke gelegt und döste ein wenig, Norah mit ihrem Kopf auf seinem Bauch gebettet. Er genoss die Vertrautheit, die immer noch zwischen den beiden herrschte und die auch keiner von den anderen als komisch empfand. Lediglich Connor schien hin und wieder verwundert, warum die beiden es denn nicht noch einmal mit einander versuchten. Aber das wäre … diesen Gedanken wollte Iven gerade nicht fortführen. Er lauschte Norahs ruhigem Atem, der fast so wirkte, als sei sie eingedöst, und blinzelte müde in die Sonne.
„Ihr habt mittlerweile einen ganz schön vollen Stall, hm? Ist gar nicht mehr so schlimm, dass du von Eichenau wieder weg musstest?“, fragte Rudi mit gedämpfter Stimme um die allgemeine Stimmung nicht zu stören.
Ari überlegte kurz. Die beiden saßen etwas abseits, aber dennoch als Teil der Gruppe, sodass sie sich ruhigen Gewissens unterhalten konnten ohne die anderen in der Mittagspause zu stören.
„Wir sind mittlerweile wirklich recht viele. Hätte man zu Anfang gar nicht gedacht“, sie stockte kurz. „Und naja, die Chance mich beruflich so zu verwirklich bekam ich nur einmal. Das bereue ich nicht.“
Rudi nickte lächelnd. Er wusste, dass Ari nach einem gescheiterten Versuch einen Investor in ihre Ideen zu finden, einen Ortswechsel brauchte, um ihre kleine eigene Firma aufziehen zu können. Nun arbeiteten sie in einem familiären Team zusammen und brachten gemeinsam die Ideen nach vorne – der Traum, von dem Ari im Vertrauen mal gesprochen hatte, rückte näher zur Wirklichkeit heran. Er bewunderte sie in gewisser Weise dafür, ihre Ziele so unaufhaltsam zu verfolgen, auch wenn er wusste, dass sie das viel Überwindung und Mut gekostet hatte. Endlose Telefonate waren sein Zeuge – aber das machte es nicht minder bewundernswert.
Er blickte milde lächelnd zu Ari und sah, dass auch sie nun die Augen geschlossen hatte und ruhiger atmete. Herrliche Ruhe, fand er, und lehnte sich ebenfalls zurück. So eine Auszeit tat doch wirklich mal gut.

Der Rest des Tages verlief ohne größere Zwischenfälle: Den Distanzritt absolvierten fast alle ohne Probleme, wenn auch ohne wirklich gute Platzierungen. Zwei Ausnahmen davon gab es, zum einen holte sich Connor mit seiner zuvor zurecht gelegten „Taktik“ einen herausragenden zweiten Platz und zum anderen schien Lorenz mit seinem Jack einen ganz schlechten Tag erwischt zu haben. Der eigentlich unerschütterliche Braune schien sich auf der zweiten Hälfte vertreten zu haben, sodass die beiden langsam machten und Lorenz den Wallach entlastete. Er wollte schließlich nichts riskieren und kehrte somit als vorletzter auf dem Rang ein.
Den zweiten Abend verbrachten die Reiter gemeinsam mit den anderen Teilnehmern und nicht wie vorher unter sich, so wurde es auch noch ein wenig später und am dritten Tag fiel das Aufstehen dann doch ganz schön schwer.
„Ich sterbe S-T-E-R-B-E vor Muskelkater, ich schwörs“, ächzte Lorenz auf dem Weg von den Stallungen zur ersten Prüfung des Tages.
„Vielleicht solltest du doch mal mit uns Sport machen…“, schlug Rudi vor und grinste Iven zu, der verschmitzt mit den Schultern zuckte.
„Willst du das wirklich? So viel Gejammer, bei jedem Training?“, konterte der Boxer der Runde und lachte.
„Boah, Iven, so kriegst du deinen Boxclub nie zum Laufen!“, motzte Lorenz und rieb sich die Schultern, wohlwissend, dass Ivens Herzensprojekt – sein eigener kleiner Boxclub – voller Herzblut steckte und deswegen auch herausragend lief. Es war kein großes Projekt, aber das wollte Iven auch so, schließlich wollte er sich jedem so widmen können, wie er es verdient hatte.
„Ich mach dich schon wieder fit. Dann bekommen wir die kleine Wohlstandsplautze auch wieder in den Griff“, stichelte Iven noch einmal und verabschiedete sich dann schnell in die Prüfung, um die Retourkutsche nicht mehr ausbaden zu müssen.
„Wohlstandsplautze. Ich glaubs ja nicht!“, polterte Lorenz noch – begleitet von einem rückversichernden Blick auf seine Körpermitte. Da war doch gar nichts. Na gut, nicht so viel, ein bisschen hatte er schon zugenommen, aber da konnte er doch nichts für. Seit Jule wieder Semesterferien hatte, stellte sie jeden Mittag eine Mahlzeit in der WG auf den Tisch, die eines Königs würdig gewesen wäre. Warum setzte das bei den anderen nicht an?

Lorenz Laune hob sich wieder ein wenig, als sich in der Caprilli-Prüfung alle, mit der fast schon natürlich Ausnahme von Connor „Ehrgeiz“ Huntington, hinter ihm platzierten. Fast schon beschämt trollten sich die Springreiter mit ihren Pferden, Ausreden wie „Das ist ja keine Höhe!!“ murmelnd.

Die letzte Aufgabe des Tages bestand in einem Orientierungsritt über zehn Kilometer. Connor durfte aufgrund seiner Platzierungen als erster aus der Winter-Gruppe starten und schien sich zwischendurch aber mal zu verzetteln, denn obwohl Iven später startete, kam er deutlich vor ihm ins Ziel. Gershwin und er hatten, „der Nase nach“, den einfachsten und auch schnellsten Weg zum Ziel eingeschlagen, sodass der Schimmel fast schon versorgt war, als mit Finn und seiner Feadail das zweite Winterteam direkt hinter ihnen im Ziel einritt. Finn, dem lange das Erfolgserlebnis gefehlt hatte, freute sich sichtlich und versorgte seine Lieblingsstute voller Hingabe.
Auch wenn Rudi mit Bloody und Connor auf seinem Murdock nicht so lange auf sich warten ließen, dauerte es eine ganze Weile bis das Team wieder vereint war. Mit Softgetränken in der Hand warteten die ersten vier auf den Rest der Gruppe, die mit Platz 12 bis 30 nicht zwingend mit Ruhm um sich reichen konnten.
„Sag, wo wolltet ihr denn hin, Liam?“, lachte Norah, die auf den letzten Metern mit ihrem Cormac noch Liam mit dem jüngsten Pferd der Runde überholt hatte.
„Anraí hat scheinbar seinen Jagdtrieb entdeckt. Anders kann ich mir nicht erklären, warum wir hinter dem Schwarm Vögel her mussten, als du auf dem Feld an uns vorbei bist“, Liam zuckte nachsichtig lächelnd mit den Schultern. Anraí war im vollen Tempo hinter den Vögeln hergejagt und hatte gequietscht wie ein Jährling.
„Da hast du dir vielleicht ein Pferd angeschafft“, lachte Rudi. „Mit dem wird es auf jeden Fall nicht langweilig.“
„Darauf kannst du dich verlassen“, stimmte auch Liam in das Lachen ein und machte sich daran, den Braunen ordentlich zu versorgen.

„Wir sollten sowas viel öfter machen“, schloss Connor am Abend, als alle noch einmal bei einander saßen und Köstlichkeiten vom Grill und aus dem Kühlschrank vernichteten. An seiner Reithose prangte stolz die Schleife, die ihn als Sieger des Gesamtwettbewerbes auszeichnete und in seinem Grinsen lag unverhohlener Stolz, es all den älteren gezeigt zu haben.
„Gegen ein Kind verloren“ war jedenfalls einer der Sätze, die öfters zerknirscht gefallen waren und trotz der Tatsache, dass Connor bei dem „Kind“ eigentlich empört widersprechen wollte, schließlich war er fast volljährig!!, steigerte es jedes Mal seinen Stolz auf ein Neues. Murdock hatte eine ganze Ladung Möhrung bekommen und gleich die weiße Reithose damit beschlabbert, aber das hatte er auch verdient – genau wie die vielen Streicheleinheiten, die ihm sein Besitzer hatte zukommen lassen. Murdock war, und würde das auch für immer bleiben, sein bester Freund auf vier Beinen, das hatte wohl jeder sehen können.
„Connor sagt sowas nur, weil er gewonnen hat“, grummelte Norah, die sich ganz am Ende des Teilnehmerfeldes eingereiht hatte. „Wir bleiben lieber beim Springen.“
„Ich glaube, wir sollten alle lieber bei dem bleiben, was wir vorher taten. Triatlethen werden wir wohl keine mehr“, lachte auch Finn, hatte sich doch außer Connor und Rudi keiner auf einem einstelligen Platz einfinden können.
„Trotzdem: Leute, das war ein verdammt schönes Wochenende. Danke dafür!“
„Darauf trinke ich!“, kommentierte Iven und hob sein Glas. Die anderen taten es ihm nach.
„Auf die besten und unfähigsten Iron Horse-Teilnehmer 2017!“

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#2

RE: [ARI/WINTER] #4 Iron Horse 2017

in Leonie 02.07.2017 19:47
von Darcy • 114 Beiträge | 160 Punkte

Ich habs im Treff schon gesagt und ich finde den Berich richtig toll. Nächstes mal schicke ich Erin auch hin. Und Rudi und Ari? Fände ich super toll. Ich mag die Winters so gerne und würde gerne wieder mehr von ihnen lesen.

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