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#14 Confusion

in Past 10.01.2021 14:50
von Natsch • 20 Beiträge | 52 Punkte

CONFUSION

WHEN IT'S REAL, YOU'LL KNOW IT.
YOU WON'T BE CONFUSED ABOUT IT.


Ein leises Seufzen rollte über meine Lippen, mein Blick starr auf das Handy gerichtet, welches vor meinen Füßen auf dem frisch geputzten Pakett lag. Jared war da gewesen, beziehungsweise, er war noch da und lag in meinem Bett, den Rausch des Abends ausschlafend. Ich wusste noch nichts mit dem anzufangen, was er mit versucht hatte zu erzählen. Wusste nicht, wieso er so litt und warum er nicht so offen und ehrlich, reif, damit umging, wie mit all den anderen Dingen. Seine reife, überlegte und vollkommen durchdachte, nahezu weise Art hatte ihn ausgezeichnet, für mich zu einem wichtigen Glied in der Kette meines Lebens werden lassen. Doch nun war ich erschüttert. Nicht ob der Tatsache, dass er es war, der mich an dem regnerischen Donnerstag vor über einem halben Jahr angefahren hatte. Erschüttert war ich über die Art und Weise, wie er damit umging und wie er danach strebte, sich selbst dafür zu bestrafen. Er verabscheute sich auf so eine seltsame Art, dass mich vermuten ließ, dass mehr dahinter steckte als der bloße Unfall. Wieder seufzte ich, wickelte die Bettdecke noch etwas enger um meinen Körper und streckte meine Hand aus um Elly zu streicheln, welche sich Mal wieder zu mir gesellt hatte. "Du weißt auch nicht was mit ihm los ist, hm?", fragte ich den Hund leise und kraulte sie weiter hinter den Ohren, den Blick ihrer treuen Augen in dem Halbdunkel der Wohnung erkennen könnend. Leise, vorsichtige Schritte von ein paar anderen Pfoten ließen mich kurz aufmerken, ehe ich das weiche Fell von Abby an meiner anderen Seite spürte. Das erste Mal, das sie ankam. "Und du?", murmelte ich in die Richtung der weißen Hundedame, meine Hand nachdenklich durch das seidige Fell gleiten lassend. "Du wirst langsam zutraulich..", fuhr ich fort und holte wieder tief Luft, ließ meinen Kopf an die kalte Wand sinken, darauf wartend, dass er aus seinem Alkoholkoma erwachen würde.

Irgendwann war ich eingeschlafen und wurde erst wieder wach, als die Sonne durch die Fenster brach und geradwegs auf mein Gesicht schien. Die Nase rümpfend, die Augen weiter zusammenkneifend, streckte ich meine steifen Glieder von mich um die Protestlaute von Abby und Elly einzuheimsen. "Jaja...", raunte ich absolut schlaftrunken, ehe ich schlagartig aufschreckte. Jared! Ob er die Chance genutzt hatte abzuhauen? Wieder...? Panik beschlich mich, war ich mir der Gefühle die ich für ihn empfand doch durchaus bewusst. Denn trotz der Verwirrung und der Erschütterung, spürte ich auch noch die Zuneigung und Vertrautheit zwischen uns. Hastig stand ich auf, nur um gleich von meinem Kreislauf bestraft zu werden, der seit dem Unfall immer noch zu kämpfen hatte wenn ich mich ruckartig bewegte. Der Arzt sagte, dass das normal sei - doch für mich war das einfach nur lästig.
Auf dem Weg in mein Schlafzimmer, stolperte ich über die Stiefel von Jared und konnte mich nur durch einen Griff zur Türklinke vor dem schmerzhaften Aufprall gegen das Holz retten. Schwungvoll ging dadurch jedoch auch die Tür auf. Eigentlich hatte ich es langsam, fast schon andächtig tun wollen, war es doch das erste Mal gewesen, dass er bei mir geschlafen hatte, aber wieso sollte es schon meinem Wunsch entsprechen, wenn der Grund für sein erscheinen schon nicht jenem entsprach? Fast schon fühlte ich mich um diesen Morgen betrogen. Nachdem ich mich gefangen hatte und mein Kreislauf wieder rundlief, schaute ich zu meinem Bett und konnte mit Erleichterung feststellen, dass er noch da war. Er schlief einen unruhigen Schlaf, aber er war da. Nicht wieder verschwunden - er würde sich mir stellen müssen.
Mit langsamen Schritten ging ich auf mein Bett zu und setzte mich auf die Kante, wenige Zentimeter von ihm entfernt. Trotz der Sonne schien er noch nicht gewillt zu sein, aufzuwachen. Sachte strich ich ihm durch das Haar, über seine stoppelige Wange und blieb letzten Endes mit Zeige - und Mittelfinger auf seinen Lippen hängen. Mein Herz schlug höher und das Blut schoss mir in die Wangen. Ich hatte ihn so gern. Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass das mit uns klappen würde. Ich wünschte es mir auch noch immer, doch die Angst oder eher die Vorahnung, dass er dies nicht zulassen würde, herrschte in mir vor.
Langsam regte sich etwas neben mir, mein Blick klärte sich wieder und automatisch zog ich meine Hand zurück. Ein sanfter und zugleich bestimmter Druck hinderte mich jedoch daran, gänzlich zu weichen. Jared hatte mein Handgelenk umfasst und zog mich näher an sich heran. Gewillt das zuzulassen, folgte ich seiner Bewegung, mir der plötzlichen Nähe bewusst werdend. Ich lag auf einmal neben ihm, in einer natürlichen Selbstverständlichkeit schlag er die Decke über mich und schmiegte sich an mich. Unbeholfen umfing ich ihn mit meinen Armen, das leichte Beben spürend, welches von seinem Körper ausging.
Eine Weile war es still zwischen uns, ich spürte nur das Zittern seines Körpers, spürte wie er das Gesicht in meiner Brust vergrub, als würde er nach Trost suchen. Und erst nach ein paar weiteren Momenten, in denen ich aus dem Fenster starrte und nach Worten suchte, bemerkte ich, dass er weinte. Tröstend fuhren meine Hände daraufhin über seinen Rücken und er versteifte sich sofort. "Lass das...", raunte er gegen meine Brust und hielt kurz darauf den Atem an, als würde er versuchen das Zittern seines Körpers damit zu unterbinden. "Was..?", fragte ich unsicher, fast schon gewillt zurück zu weichen, der Zuneigung und der Intimität dieses Momentes einhalt gebietend. Er antwortete nicht, zog mich nur näher an sich heran und erzählte von dem Unfall, von dem Moment des Aufpralls und die Angst die ihn befallen hatte. Er erzählte von dem Streit zwischen ihm und René, meinem Bruder, als er aufhörte mich zu besuchen und von der Erleichterung, als er hörte, dass ich wieder aufgewacht bin. "Aber wieso hast du aufgehört mich zu besuchen?", fragte ich ihn mit leiser Stimme, angst habend, zu viel zu sagen und den Moment zu zerstören. Doch darauf antwortete er mir nicht direkt, sondern er zog sich hoch, schaute mir einen Augenblick lag in die Augen. Viele hätten gehofft vielleicht eine Antwort in jenen zu finden, doch ich verlor mich einfach in dem strahlenden Blau seiner - von der alkoholreichen Nacht und dem weinen - geröteten Augen. "Es tut mir Leid.", fuhr er fort und umfasste mit seinen rauen Händen mein Gesicht, ehe er seine Lippen auf meine presste und mich mit in einen berauschenden Strudel sog. Seine Lippen schmeckten nach Whiskey und kaltem Qualm, doch es war mir egal. Sehnsüchtig nahm ich ihn in Empfang, schob mich unter seinen verkaterten Körper und schlang meine Beine um seine Hüften, die Erregung spürend die uns beide schlagartig ergriff. Rau atmend folgte er meiner stummen Forderung, wanderte mit seinen Lippen über meinen Hals und mein Dekolleté, immer tiefer. Flehentlich bog sich mein Körper ihm entgegen und ich verlor mich in seinen Berührungen und in unserer Lust.

Es war später Nachmittag als ich am Stall ankam. Jared hatte mich, Abby und Elly dort abgesetzt und das verwegene Schweigen war schnell der Normalität gewichen, auch wenn ich wusste, dass jetzt nicht alles beim Alten sein würde. Unser Weg würde lang sein und sofort enden, sollte einer von beiden aufgeben. Unsere gemeinsame Zukunft lag im Dunkeln.
"Da bist du ja! Ich hab früher mit dir gerechnet!", hörte ich Julia's Stimme sagen und begrüßend strich sie einmal Elly über den Kopf, während Abby Mal wieder das weite suchte. "Vielleicht sollte ich für sie Mal eine Schleppleine kaufen..", überlegte ich laut, ehe ich mich zu Julia umdrehte und sie schwach anlächelte. "Jared war d...", sofort unterbrach sie mich. "Was?!", sie spuckte das Wort beinahe aus, während sie mich fordernd betrachtete. "...da.", beendete ich meinen Satz noch ehe ich ausholte und von unserem Gespräch erzählte. Auch das er es war, der mich angefahren hat, mein Bruder mir jedoch sagte, dass das ein Unbekannter gewesen war. Julia seufzte schwer und bließ danach die Wangen auf. "Wow... Und?", fragte sie weiter und ich hob leicht die Schultern. "Keine Ahnung, ich möchte trotzdem mit ihm zusammen sein - es war schließlich ein Unfall...", Julia nickte verständnisvoll auf meine Worte. Gemeinsam setzten wir uns in Bewegung und gingen in Richtung der Stallungen. "Wir haben eben miteinander geschlafen.", sagte ich dann mit einem peinlich berührten Blick, gerade, als uns der Geruch von frischem Heu in die Nase stieg. Julia verschluckte sich an dem Wasser welches sie gerade trinken wollte. "WAS? WIE WAR'S? UND VOR ALLEM HÄ? WIR KAMS DAZU?", das erste Mal, dass ich heute herzhaft lachte und natürlich erzählte ich Julia alles.
Giggelnd und kichernd machten wir uns dann daran, Easy Going und Samir zu putzen. Der Araberhengst, der die 'Prozedur' schon kannte, genoss langsam diese Art der Zuwendung und konnte immer länger ruhig stehen bleiben, auch wenn ihm wahrscheinlich 1000 Dinge in den Kopf gekommen waren, die in diesem Moment spannender gewesen wären.

Zusammen ließen Julia und ich Samir und Easy Going in der Halle laufen. An einer langen Seite hatten wir typische Freispringen-Hindernisse aufgebaut durch die wir die beiden Pferde springen ließen. "Ein bisschen Sprungtalent hat der Kleine ja schon...", sagte Julia und beobachtete wie der junge Hengst die drei Hindernisse galant nahm. "Wenn er 5 ist starten wir mit seiner Ausbildung. Ist zwar etwas spät, aber mir ist lieber wir bauen erst noch etwas Rückenmuskulatur auf - außerdem will ich erst wieder fit sein.." - "Natürlich, klar.", stimmte sie mir zu. "Irgendwann würde ich auch Easy gerne wieder richtig reiten, aber dafür fehlt mir im Moment noch die Kraft.", seufzte ich und spürte wie Julia mir den Arm um die Schulter legte. "Das wird schon, fang ruhig an und kämpf dich langsam zurück. Er läuft dir schon nicht davon..", wieder lächelte sie. "Für den Anfang wäre er wahrscheinlich eh die Beste Wahl - bei wem würde es wohl noch leichter gehen, als bei Easy?", ich zwinkerte Julia zu und wir beide lachten über diesen schlechten Wortwitz.
Dann trieb ich Samir wieder in die Gasse und ließ ihn über die drei eher kleinen Hindernisse springen. "Super, Dicker!", lobte ich den jungen Hengst und rief ihn zu mir, die typvolle Stirn des Arabers streichelnd. "Er hat super viel von Saruk..", sagte ich zu Julia, als Bea um die Ecke kam. "Waren die nicht sogar verwandt?", fragte diese und stützte ihre Ellbogen an der Bande ab. "Ja, Saruk war sein Onkel.", erklärte ich mit einem Lächeln und tätschelte den Hals des jungen Hengstes. "ich würde eigentlich sagen, dass das sein Sohn ist... so ähnlich sind sie sich charakterlich..", fuhr ich fort, ehe ich den jungen Hengst wieder fortschickte. "Komm, ein letztes Mal durch die Gasse..", forderte ich den Fuchs auf und schnalste zweimal, was für ihn das zeichen war, anzugaloppieren. "Ich bezweifel, dass das einreiten für dich schwer wird..", erklärte Julia und schaute amüsiert zu Bea.
Samir galoppierte mit raumgreifenden Schritten auf die Sprünge zu, wagte davor noch einen Bocksprung und riss den konkaven Kopf in daraufhin in die Höhe. Der Schweif ging auch Antennenartig hoch und in der aller seltsamsten Manier, nämlich mit allen Beinen gleichzeitig, sprang er über den ersten sehr sehr kleinen Sprung. Bea, Julia und ich fingen sofort an zu lachen ob dieses durchaus komischen Bildes. "DAS wird ein S-Springer...", lachte Bea mit gutmütigen Spott, ehe sie sich wieder umdrehte und davon ging. Noch immer hörte man sie lachen.

Nachdem wir die Hindernisse gemeinsam wieder abgebaut und die Stangen verstaut hatten, ließen wir die beiden Jungs noch Wälzen woraufhin der Übermut sie packte und beide quer durch die Halle buckelten und spielten. Julia und ich beobachteten das Spiel der Füchse interessiert. "Er hat ja doch Feuer!", belustigte sich Julia über ihr sonst stets ruhiges Pferd und ich nickte. "Samir hat wohl etwas von sich abgegeben.", fügte ich ihren Worten hinzu.


zuletzt bearbeitet 10.01.2021 14:50 | nach oben springen


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