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#04 A soft Place to fall

in Past 10.01.2021 14:35
von Natsch • 20 Beiträge | 52 Punkte

A SOFT PLACE TO FALL
SCHON EIN BLICK, EIN WORT, EIN LÄCHELN VERMAG WÄRME ZU SCHENKEN
OFT KANN DIE BERÜHRUNG DURCH EINE MITFÜHLENDE HAND
DEN MENSCHEN WIE EIN BLITZ IN DER DUNKELHEIT ERLEUCHTEN

In den letzten Tagen war eine Menge passiert. Ich hatte mit Lisa meine erste Dressurstunde gehabt und zwei Tage darauf hatte die erste Springstunde gefolgt. Die Dressurstunde mit Lisa hatte mir die anfängliche Nervosität genommen und ich ging mit einem ruhigeren Gewissen in die Springstunde. Dazu kamen dann auch noch diverse Veränderungen, wie die Kündigung meines alten Jobs und das Jobangebot von Bea. All diese kurzen aber bedeutenden Momente hatten mein Bewusstsein und letztenendes auch mich angehoben und für einen Augenblick ein Selbstbewusstsein gegeben, welches ich glaubte, einst verloren zu haben. Nach der Springstunde hatte ich Easy versorgt und war zu Bea ins Büro gegangen um all das zu klären, was es für mich zu klären gab. Durch meine anfänglichen Worte, hatte sie das Jobthema erst einmal fallen gelassen und sich mit mir über Samir unterhalten. Ich weiß noch, wie ich tief Luft geholt hatte und eine Folge von Wörtern aus meinen Mund geströmt war, wie ich es seit einem Jahr nicht mehr erlebt hatte. Ich hatte mit ihr über Samir gesprochen, über Saruk und explizit über das was damals schief gelaufen war. Darüber, dass ich schon viel zu stark an den Kleinen hing, als dass ich es zulassen könnte, dass er von einem anderen Hof aufgekauft wurde. Bea hatte mir ruhig zugehört, mich zuende reden lassen und dann die Hände auf dem Schreibtisch gefalten und ihren Kopf in nachdenklicher Pose darauf gebettet. "Du brauchst mich jetzt nicht davon zu überzeugen, dass es eine gute Idee wäre, ihn dir zu verkaufen. Ich habe euch zusammen gesehen und nicht nur du scheinst an dem Fohlen zu hängen, ich vermute stark, dass es Samir nicht anders geht... obwohl ihr erst seit knapp zwei Wochen zusammen arbeitet. Die Übungen die du mit ihm machst tuen ihm gut und er folgt dir ja jetzt schon über die Koppel wie ein Dackel...", ich hatte Bea mit einem perplexen Blick bedacht, ehe ich merkte was ihre Worte bedeuteten. An diesem Abend unterschrieb ich zwei Verträge, einmal den Kaufvertrag für Samir und einmal den Arbeitsvertrag als Fohlentrainer..

Seit diesem Abend waren weitere Tage vergangen. Ich hatte im ersten Moment gar nicht gemerkt, dass sich etwas verändert hatte. Doch ich wusste, dass sich etwas in mir verändert hatte und ich wusste, ahnte.. oder was auch immer, dass diese Entscheidung zu den Entscheidungen in meinem Leben gehörte, die ich nie bereuen würde. Unwillkürlich musste ich an Saruk denken als ich an diesem Tag wieder vor dem Spiegel stand und die Frau in diesem musterte. Innerhalb von zwei Wochen hatte ich mich verändert. Das nicht einmal stark, doch irgendwie.. sah ich anders aus als zuvor. Meine Augen besaßen wieder ein Strahlen und auch wenn ich nach wie vor um Saruk trauerte und wahrscheinlich auch ewig trauern würde, akzeptierte ich jetzt immerhin das, was passiert war. Ich konnte daran nichts mehr ändern und ich sollte mein Leben nicht ausschließlich davon bestimmen lassen. Ich sollte wieder einen Anfang wagen und in diesem Moment kamen mir wieder die Worte meiner besten Freundin in den Sinn, die Nando schon wieder aus Bea's Stall geholt und in ihren verfrachtet hatte. Ich konnte mich nicht ewig von dem Sport und den Tieren fernhalten. Genau das hatte mir Samir aber auch Easy Going gezeigt. Ich hatte den Spaß daran nicht verloren, hatte nach meiner anfänglichen Nervosität in Lisas Unterricht wieder besser durchgreifen können. Konnte in vielerlei Hinsicht wieder offener auf bestimmte Dinge zugehen. Allein was dieser Haufen Weiber hier auf den Hof für mich getan hatte, ohne es selber zu merken, brachte mich dazu amüsiert und andächtig den Kopf zu schütteln. Das damalige Erlebnis, der brennende Stall, die Schreie der Pferde.. all das hing nicht mehr wie eine schwarze Gewitterwolke über meinem Alltag. Ich schaffte es, damit umzugehen und es anzunehmen, als Teil meines Lebens. Natürlich wabte in mir immer noch der Wunsch, die Zeit zurück zu drehen und Saruk nicht in diesen Stall zu stellen, doch ich konnte es nicht und das zu akzeptieren, war der erste Schritt den ich gehen konnte, seit ich auf dem Mystery Hof war. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wandte ich mich von dem Spiegel ab und ging zu der Wand an welcher die Decke meines verstorbenen Hengstes hing. Sanft fuhr ich den silbernen Schriftzug nach und seufzte leise. "Ach.. könntest du nur hier sein und diese Menschen und diese Pferde erleben...", whisperte ich und mein Blick wandte sich ab, zu einem gerahmten Bild welches mich und Saruk zeigte. Völlig verschlammt weil ich im Geländeparcour den Halt verloren hatte, doch ich grinste und Saruk blickte in die Kamera als hätte er nie etwas anderes getan. Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und mein Bruder trat in mein Zimmer. Er musterte mich stumm und erahnte, woran ich dachte. "Er fehlt dir immer noch, hm?", ich nickte stumm und Tränen stiegen mir in die Augen. "Sehr.. Ich kann nur hoffen, dass er da wo er ist, glücklich ist...", das Lächeln meines Bruders wurde wärmer, er trat auf mich zu und umarmte mich fest. "Wenn der blöde Gaul jetzt sehen könnte, wie du dich veränderst.. wäre er es..", mein Bruder hatte ihn immer so genannt und er und Saruk sind auf eine merkwürdige Art und Weise wie Kumpel miteinander umgegangen. Kumpel die sich gerne boxten und neckten. "Er war schon eine Nummer für sich gewesen...", mein Bruder prustete los und schüttelte theatralisch den Kopf. "Eine Nummer für sich? Dieses Pferd kam von einem ganz komischen Planeten... Aber egal wie bekloppt er war, er hat alles für dich getan - wie oft hat er dich am Anfang nochmal aus dem Wassergraben gezogen?", mein Bruder gluckste amüsiert und ich fiel in sein leises Lachen mit ein. "Oft..."

Heute fuhr mich mein Bruder zum Stall da er den Wagen brauchte, sagte aber, dass ich seine Verlobte nur anrufen brauchte, sie würde mich abholen. Wir verabschiedeten uns knapp weil er los musste und ich stieg aus. Bea kam mir entgegen, mit einem gewissen Blick in den Augen. "War das etwa der sexy Cowboy?", ich runzelte einen Moment lang perplex die Stirn. "Äeh... ne, mein Bruder...", erklärte ich und schaute dem Audi hinterher. "Achsooooo...", sagte sie lediglich, ehe wir in einen kleinen Smalltalk verfielen uns aber wieder trennten weil sie heute noch mit Sambuco auf den Platz wollte. Ich schaute ihr kurz hinterher, ehe ich in den Stall ging nur um Easy kurz zu begrüßen. Ich hatte ihn heute nicht, ließ es mir aber nicht nehmen ihm eine kleine Möhre zuzustecken und kurz seine Stirn zu kraulen. "Du bist morgen erst wieder dran...", ich konnte die Euphorie in meiner Stimme nicht unterdrücken und bemerkte abermals, dass ich mich dabei nicht schlecht fühlte. Easy bedachte mich mit einem ruhigen Blick und reckte mir seine Nüstern entgegen und ich war immer wieder überrascht von der Freundlichkeit und Ruhe, die dieses Pferd ausstrahlte. Vivi kam mir auf der Stallgasse mit New York entgegen. "Heute bist du nicht mit Easy dran, oder?" fragte sie nach und ich schüttelte den Kopf. "Ne.. ich mach heute Samir, suche aber noch jemanden der seine Mutter führen kann, während ich ihn führe. Wollte eine kleine Runde raus mit ihm gehen, mich aber ausschließlich auf ihn konzentrieren...", erklärte ich nachdenklich und Vivi grinste schief. "Wenn du willst, kann ich sie nehmen - aber vorher wollte ich New York reiten.", sie ließ mir die Wahl und ich nickte. "Klar, ich habs heute eh nicht eilig...", erklärte ich und bedachte die schwarze Stute mit einem ruhigen Blick. "Ich kann die beiden ja schon Mal von der Wiese holen und putzen.. das wollte ich eh mit ihm üben!", fuhr ich nachdenklich fort und nickte, als würde ich mir die ausgesprochenen Gedanken selbst bestätigen. Vivi brachte die gesattelte York auf den Platz und ich begab mich - nachdem ich mich von Easy verabschiedet hatte - zur Weide. Safiye stand recht weit hinten und graste neben einer anderen Araberstute, während ihr Sohn über die Wiese preschte und wild buckelte. Bei seinem Anblick musste ich Mal wieder an Saruk denken und ließ diesen Gedanken nur all zu gern zu. Genauso musste er sich damals auf der Wiese verhalten haben und für einen Moment fragte ich mich, wie ähnlich Saladin und er sich wohl waren. Oder ob alles von ihren gemeinsamen Eltern kam, denn das Temperament schien sich in der Linie prächtig zu halten. Ich ging mit zwei Stricken auf die Wiese und rief die Mutter von Samir auffordernd. Safiye hob kauend den Kopf und musterte mich durch ihren dünnen Schopf. Irgendwo mochte ich diese Stute ja auch, doch bei ihr schien schon jegliches Temperament verpufft zu sein und da lag bei Pferden bekanntlich meine Schwäche. Besonders bei Arabern. Easy war prima zum wieder einsteigen und sich sicher fühlen im Sattel, doch ich wusste, dass ich irgendwann wieder ein Pferd unter mir haben wollte, das mehr als nur eine Herausforderung war. Bis dieser Zeitpunkt gekommen war, würde noch eine gewisse Zeit verstreichen, der Zeitpunkt in welchem ich einer Herausforderung - egal wie groß sie auch war - wieder gewachsen war. In einem gemächlichen Tempo näherte sich mir die Mutterstute und ich hakte den Führstrick bei ihr ein. Entspannten Schrittes gingen wir langsam zum Tor, doch Samir schien das gar nicht richtig zu bemerken - ein Zeichen, wie Selbstständig er schon geworden war. "Saaaaaaaaamir, na komm! Sonst muss ich mit deiner Mom alleine spazieren gehen!", rief ich den jungen Hengst und er reagierte mal wieder sehr stark auf seinen Namen, stemmte die langen Fohlenbeine in den Boden und riss den Kopf neugierig in die Höhe. Ouh.. Baby hatte anscheinend nun gemerkt, dass die Mama gehen wollte. Ziemlich zügig kam er auf uns zu und schnaubte aufgeregt. "So ein unaufmerksamer Junge...", tadelte ich ihn grinsend und klopfte den Hals seiner Mutter, die den Kopf leicht in seine Richtung gedreht hatte. Sanft striff ich Samir sein kleines Fohlenhalfter über und befestigte den Strick an diesem. Das Führen hatten wir schon geübt und er hatte es eigentlich ganz gut aufgenommen und akzeptiert und da seine Mutter dabei war, war das eh kein Problem. "Mamasöhnchen eben...", murmelte ich belustigt und führte die beiden Pferde von der Wiese, zurück zum Stall.

Der Weg war für Samir höööchst interessant und spannend gewesen und nicht nur einmal hielten wir an, weil er einen bunten Käfer entdeckt hatte. Empört hatte er geschnaubt als ihm ein Marienkäfer auf den Nüstern gelandet war! Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Ausgerechnet die Nüstern!
Am Putzplatz stellte sich heraus, dass Samir so offen mit der Putzbox umging und immer wieder interessante Dinge fand, sodass es ihn nichts ausmachte, angebunden zu sein. Ich konnte seine Mutter in Ruhe putzen und warf immer wieder einen Blick zu Samir. Das dieses Fohlen - welches sich zu einem prächtigen Hengst entwickeln würde - mir gehörte, war irgendwie noch gar nicht richtig in meinen Kopf gelangt. Irgendwie schien es unwirklich. Ich schmunzelte in mich hinein und kratzte der Mutterstute die Hufe aus, die sich über das betüdeln deutlich freute. Doch ihr Sohn begann mich nach einiger Zeit - nachdem die Putzbox ausgeräumt war - mit einem argwöhnischen und sogar vorwurfsvollen Blick zu mustern, als wolle er sagen 'Heh! Warum kümmerst du dich nicht um mich?' - gleichzeitig wurde er dann auch unruhig und zupfte am Führstrick und tat betont gelangweilt. Ich trat um Safiye rum und musterte den jungen Fuchs. "Sind wir jetzt etwa beleidigt?", er bedachte mich mit keinem Blick und seine Nüstern kräuselten sich einen Moment lang. Ich verdrehte die Augen. "Du bist wahrlich wie Saruk...", knurrte ich mit einem belustigten Unterton, bückte mich und räumte die Putzsachen wieder zusammen. Safiye wirkte entspannt und entlastete eines ihrer Hinterbeine, während sie eindöste im wärmenden Schein der Sonne. Ich nahm den Gummistriegel aus der Box und stellte mich auf die linke Seite Samir's. "Also gut, den kennst du ja schon, oder?", sprach ich munter weiter und hielt ihm den Striegel hin, den er mit vorsichtiger Miene musterte. Dann begann ich sanft und langsam ihn am Hals zu striegeln, leichte Flocken seines Babyfells fielen zu Boden und ich schob meine Unterlippe leicht vor. "Och man... dabei ist es so flauschig...", unter dem ausgebleichten Flaum, kam die wirkliche Farbe des Fuchses zum Vorschein, welche wirklich dunkler war als das oberste Haar. Samir ignorierte mich weiterhin und zupfte gelangweilt am Strick. "So ein nachtragendes Pony..", fuhr ich leise fort und kam bei der Schulter an, worauf Samir anfing den Knoten des Stricks zu beknabbern als wäre er einer seiner Artgenossen. Irgendwann fing auch der Kleine dann an es zu genießen und seinen Groll über meine Fürsorge seiner Mutter gegenüber zu vergessen. Ich verdrehte theatralisch die Augen und putze weiter, ließ mir die Hufe geben, wobei ich ihm viel mit meinem Gewicht und Druck half, da er sich noch nicht optimal auf drei Beinen halten konnte. Als ich fertig war, beschmuste ich Samir, kraulte ihn an seiner Lieblingsstelle, den Gamaschen, und kitzelte leicht neckend seine Nüstern. Safiye blieb weiterhin ruhig, schien froh zu sein, dass ihr energiegeladener Sohn Mal jemand anderes seine Aufmerksamkeit schenkte. Nach ein paar Minuten kam Vivi mit New York, welche sehr interessiert gemustert wurde. Samir fing an zu zappeln und kaute auffällig, dabei die schwarze Stute nicht aus den Augen lassend. "Pass auf, wenn er in das gewisse Alter kommt, gefällt sie ihm sicher noch mehr!", grinste ich leicht und tätschelte dem jungen Pferd den Hals. Ich löste den Strick und drehte Samir, damit Vivi die andere Seite sehen konnte. "Guck mal! Hier fällt ihm schon so stark das Babyfell aus...", schmollte ich und Vivi musste lachen. Samir hatte nur Augen für New York. "Früh übt sich, oder was?", meinte Vivi als sie den Blick des jungen Hengstes sah und schüttelte leicht den Kopf. "Stimmt, er verliert seinen Süßigkeitsbonus langsam..", fuhr sie fort und putzte New York den Schmutz und Schweiß runter. Bea, Julia, Maren und Quici kamen uns entgegen und musterten das Bild von Samir, der mit hochgerecktem Kopf und aufgestellten Ohren die schwarze Stute fixierte. "Ob er noch nie ein schwarzes Pferd gesehen hat?", lachte eine der vieren und ich musste schmunzeln. "Er will nur schonmal seine Anmachsprüche testen! Für später!", erklärte ich mit einem tadelnden Blick auf den jungen Hengst. Nochmals wurde ich für meinen Kauf beglückwünscht und Bea bot an, York zurück zur Weide zu bringen. Als diese mit der Rappstute verschwand, wieherte Samir den Rappin fast schon vorwurfsvoll nach, bekam jedoch keine Antwort. "Da zeigt sie dir wohl die kalte Schulter...", belustigte ich mich, während Vivi den Strick von der Araberstute löste und sie sanft weckte. "Also... welche Runde wolltest du gehen?", fragte sie nach und strich Safiye über den glatten Hals. "Ich denke nur die kurze Schrittrunde...", antwortete ich und bat mit einem leichten Zupfen am Strick und meiner Stimme um Samir's Aufmerksamkeit.

Zusammen verließen wir den Hof und gingen über den langen Sandweg. Die Sonne stand an ihrem höchsten Punkt, doch dank der Wolken wurde es nicht zu warm. Schmetterlinge taumelten durch die Luft, die einen angenehmen, frischen Geruch hatte. Wir kamen an kleinen Häusern und der Militärystrecke vorbei und Samir musterte alles total aufgeregt, ließ sich dabei dennoch noch führen. Es war gut, dass seine Mutter dabei war. Nach ein paar Minuten ließen wir den Hof hinter uns und kamen an den Weiden vorbei. Sofort kamen ein paar der Tiere angetrabt und musterten die Neuankömmlinge. Samir reckte seine Nüstern und fing mit dem Fohlenkauen an, doch nach einem kurzen stehen bleiben, ließ der junge Hengst sich weiter führen, da ein großer Wallach ihn doch leicht einzuschüchtern schien.
Nach der Pferdewiese, kam eine andere, mit Tieren, die Samir noch nie gesehen hatte. Stocksteif blieb das Fohlen stehen und musterte eine der Kühe die recht nah am Zaun stand. Man merkte ihm an, dass er sich fragte ob sie eine Gefahr darstellte oder nicht. Doch da seine Mutter so gelassen auf diese gefleckten Ungeheuer reagierte, entspannte sich das Fohlen auch wieder, nebenher redete ich beruhigend auf ihn ein und strich immer wieder sanft über die seidige Stelle an seinem Hals. Nachdem wir ihn überzeugt hatten, weiter zu gehen, entspannte sich Samir wieder recht schnell, senkte seine Nüstern leicht und schnupperte über den sandigen Boden unter seinen Hufen. Als das 'Reitweg-Schild' in Sichtweite kam, hörten wir Hufgetrappel und wir blieben vorsichtshalber mit den beiden Pferden stehen. Ich hatte keine Ahnung wie Samir auf vorbeigehende Pferde reagieren würde, doch deswegen hatte ich mich ja für die kleine Runde entschieden. Ich wollte ihm langsam ein Stückchen mehr zeigen als nur diese Wiese und den Hof und zusammen mit der Mama, belastete es ihn recht wenig. Samir interessierte sich im ersten Moment nicht für die Geräusche, sondern vergrub die Nüstern unter den Bauch seiner Mutter und bald schon war ein leises Schmatzen zu hören.

Als ich den Blick hob, erkannte ich den großen palominofarbenen Hengst und dessen Reiter. "Doch keine Einbildung...", sagte ich fast schon triumphierend zu Vivi. Sie blickte dem Mann entgegen welcher die Schritte des Pferdes mit fast unsichtbaren Hilfen verlangsamte und schließlich durchparrierte. Safiye musterte den fremden Hengst neugierig und schien eindeutig beeindruckt von ihm zu sein - ich aber auch.. also von seinem Reiter. "Guten Tag...", lächelte er uns entgegen und Samir hob wieder seinen Kopf, richtete die flauschigen Ohren auf und musterte das güldene Tier. "Äeh... Hey!", kam es mir über die Lippen und auch Vivi begrüßte ihn, viel souveräner als ich. Beneidenswert. "Ist das ihr Fohlen?", fragte er mit einem ruhigen Ton und nickte auf den Araber. Ich nickte mit angehobener Augenbraue. "Seit neustem...", erklärte ich und ließ meinen Blick kurz über den mehr als nur entspannten Palomino wandern, der die Anmachversuche der Araberstute ignorierte. "Hübscher Kerl...", er nickte, als würde er sich auskennen und wieder einmal bemerkte ich die Erfahrung in seinem Gesichtsausdruck und seinem gesamten Auftreten. Vivi brachte irgendwie mehr raus als ich und während ich mich um den kauenden Samir kümmerte, der den neuen Hengst ziemlich spannend fand, aber bei der Reaktion seiner Mutter auf diesen auch leicht genervt reagierte, kraulte ich ihm leicht über die Ganasche. "Ich glaub wir müssen weiter, Samir wird schon ungeduldig...", sagte ich und bedachte Vivi mit einem eindeutigen Blick. "Öeh... ja klar!", antwortete sie und ich richtete meinen Blick kurz auf den.. naja... Cowboy. "Tschüss!", verabschiedete ich mich in einem höflichen Ton und vielleicht ein bisschen zu hektisch. "Auf Wiedersehen...", er sprach es fast schon so aus als wäre es ein Versprechen und ich wandte mich ab, legte meine Konzentration auf Samir und schaute Vivi - warum auch immer - strafend an.
Es dauerte keine zehn Minuten bis wir wieder den Hof erreichten. Die Runde war wirklich kurz gewesen und war für heute auch genug für meinen Kleinen. Hm. Meinen Kleinen. "Was war denn da eben mit dir los? Der Kerl hat dich ja ohne weiteres völlig aus dem Konzept gebracht!", hörte ich die amüsierten Worte von Vivi welche mich belustigt musterte. "Ach.. keine Ahnung. Es ist... halt schon eine Weile her..", erklärte ich zögernd und gab ihr kurz den Strick von Samir, damit ich seine Hufe auf Steinchen kontrollieren konnte. Ich beeilte mich. "Was ist länger her?", fragte sie nach und beobachtete mich. Kurz kontrollierte ich Safiye's Hufe. "Das ich mich mit einem Mann unterhalten habe... ach Mensch! Frag mich doch nicht solche Sachen!", beklagte ich mich in einem komischen Ton und schüttelte den Kopf. Vivi wirkte amüsiert. "Einen Moment fragte ich mich, wer von euch beiden das Fohlen ist. Du oder Samir...", neckte sie mich nun und ich verzog beleidigt das Gesicht. Lisa kam um die Ecke und bemerkte unser Gespräch. "So? Nadine, entwickelst du dich zum Fohlen?", ich schnappte nach Luft und zu dritt gingen wir zu den Wiesen um Samir und seine Mutter abzuliefern.

"Aha, diesen Cowboy gibt es also wirklich... ist er attraktiv? Ach... Du sagtest ja... sexy Geist", auch Lisas gutmütiger Spott blieb mir nicht erspart und auch wenn ich mich eigentlich darüber geärgert hätte, erkannte ich selbst, wie tapsig ich mich angestellt hatte und lachte. "Attraktiv ist der auf jeden Fall..", fing Vivi an und legte dann aber den Finger an ihr Kinn. "Aber wie alt wird der sein? 28? Vielleicht auch älter?", sie schaute mich fragend an. "Hm... ja, so um den Dreh bestimmt. Würde mich nicht wundern, wenn er älter ist...", antwortete ich und ging neben Samir ein Stückchen auf die Wiese und löste das Halfter. Doch anstatt sofort davon zustoben, stubste mich der junge Hengst an und verlangte noch eine kleine Krauleinheit, die ich ihm gab, ehe Marih ox auch schon angetrabt kam. Samir sah ihr freudig entgegen und bald schon befand er sich wieder in einer kleinen Rauferei. Auch Safiye ging zu ihren Freundinnen, doch viel entspannter und langsamer als ihr Sohn. Noch einen langen Moment beobachtete ich die beiden, ehe ich mich den beiden Mädels zuwandte. "Mal sehen..", ich zuckte mit den Schultern, ein schiefes Grinsen auf den Lippen. "Jaja... du hättest sie sehen müssen, Lisa...", den Weg über zurück erhielt ich noch sämtliche Tipps von beiden Seiten und der Cowboy ohne Namen war noch als wir wieder beim Stall ankamen Thema.

"Mädels, ich gehe jetzt! So viele Tipps muss ich erst wieder verarbeiten!", erklärte ich als wir in einer kleinen Runde mit den anderen standen. Die Wolkendecke zog sich leicht zusammen und ich griff nach meiner Jacke. "Morgen machst du Easy wieder mit Lisa?", fragte Julia noch kurz und ich nickte. "Alles klar, bis morgen, ihr Lieben!", verabschiedete ich mich und ging zum Parkplatz. Als ich dort ankam, bemerkte ich, dass ich ja gar nicht mit dem Wagen da war. Ich verdrehte die Augen, doch bevor ich weiter darüber nachdachte, ging ich entspannten Schrittes weiter, über die Straße und trat meinen Heimweg zu Fuß an.
Keine zehn Minuten war ich gelaufen, da brach über mir der Himmel auf und ein heftiger Regen klatschte auf die staubtrockene Straße. Ich zog meine Jacke enger um meinen Körper und die Kaputze über meinen Kopf. Kurz darauf war ein Auto zu vernehmen und so wie das klang, musste es sich um einen ziemlich schweren Motor handeln, wahrscheinlich ein Geländewagen. Ich machte mir nicht die Mühe mich nach dem Wagen umzudrehen, bemerkte aber, dass das Geräusch nicht wieder verschwand sondern auf einem konstanten Ton in meiner Nähe war. Ich hob den Blick und blickte geradewegs in das Gesicht des Palominobesitzers. Einen Moment fragte ich mich, ob ich das jetzt gruselig finden sollte. "Äeh... Hi", sagte ich verwirrt, ging jedoch weiter - damit er gar nicht erst auf den Gedanken kam, dass ich bei ihm einsteigen wolle. Aber vielleicht wollte er ja auch nur nach dem Weg fragen. Klar. "Scheiß Wetter haben Sie sich da ausgesucht zum spazieren gehen...", waren seine Worte. Seine Stimme hatte etwas rauchiges, raues und wirkte doch irgendwie freundlich und warm. Ich rümpfte leicht die Nase, was ihn wohl zu einem halben Grinsen veranlasste. "Ich find es total herrlich hier draußen...", log ich mit übertriebener Euphorie in der Stimme. "So sehen Sie auch aus...", seine Worte klangen sehr präzise und man hatte das Gefühl, als würde er nie ein Wort zu viel sagen. Erst jetzt bemerkte ich, dass er mich siezte. Gott, sah ich so alt aus? "Also? Brauchen Sie eine Wegbeschreibung - wobei ich nicht garantieren kann, dass sie ankommen, da meine geografischen Kenntnisse miserable sind - oder wollen sie mir einfach nur dabei zusehen, wie ich durch den Regen spaziere?", fragte ich - vielleicht eine Spur gereizt - und aus irgendeinem Gefühl heraus glaubte ich, dass er sich über mich lustig machte. Ich sollte die lockeren Sprüche sein lassen, Lisas Tipp war nicht hilfreich gewesen. Ich fühlte mich irgendwie.. Dämlich. "Weder noch...", war seine einfache Antwort gewesen und ich wandte den Blick kurz ab, da ich über einen blöd liegenden Ast fast gestolpert war - Gott, wie peinlich... "Aber ich könnte Sie nach Hause fahren..."

I didn't mean to bring back memories
You should know the reason why I called
I was looking for a soft place to fall

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